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EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis.

© Kai-Uwe Heinrich

Fipronil-Skandal: Ein Fall für den Kommissar

Wie schnell sollen grenzüberschreitende Lebensmittel-Warnungen herausgegeben werden? In dieser Frage muss EU-Gesundheitskommissar Andriukaitis im Fipronil-Skandal Farbe bekennen.

Wer sich in der EU-Kommission derzeit nach Vytenis Andriukaitis erkundigt, bekommt zu hören, dass der Litauer zwar offiziell in Urlaub, aber dennoch jederzeit erreichbar sei. Diese Verfügbarkeit ist auch nötig. Denn Andriukaitis ist in der 28-köpfigen EU-Kommission für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständig. Damit hat er auch die Frage zu klären, wie es kam, dass das EU-Schnellwarnsystem zur Lebensmittelsicherheit im Skandal um die mit Fipronil verseuchten Eier so spät anschlug.

Ein EU-Sondertreffen soll erst Ende September stattfinden

Ein europäisches Sondertreffen, bei dem die gegenseitige Information der EU-Länder auf dem Prüfstand steht, hat Andriukaitis bewusst zu einem späten Zeitpunkt angesetzt – dem 26. September. Erst wenn alle Fakten zum Fipronil-Skandal auf dem Tisch lägen, sei eine sinnvolle Aufarbeitung möglich, begründet die EU-Kommission die Terminwahl. Aber auch wenn die Ermittler in den kommenden Wochen mehr Klarheit in der Affäre um den niederländischen Reinigungsbetrieb Chickfriend und den belgischen Desinfektionsmittelhersteller Poultry-Vision schaffen sollten, so bleibt doch in jedem Fall ein Interessengegensatz von Konsumenten und Produzenten bestehen: Die Verbraucher wollen so frühzeitig wie möglich Kenntnis über eventuelle Gesundheitsrisiken erhalten – so wie im Fall des Insektengifts Fipronil, das in Eiern nichts zu suchen hat. Die Lebensmittelindustrie möchte hingegen vermeiden, dass vorschnelle Meldungen über das europäische Frühwarnsystem RASFF zu massiven Absatzeinbußen führen. Andriukaitis wird in diesem Konflikt Farbe bekennen müssen.

Der Litauer arbeitete auch als Kardiochirurg

Der 66-Jährige weiß durchaus, wie schnell die menschliche Gesundheit angegriffen werden kann; zwischen 1985 bis 1993 arbeitete er als Kardiochirurg in Vilnius. Als es in der EU 2013 zum letzten größeren Lebensmittelskandal um fälschlicherweise als Rindfleisch deklariertes Pferdefleisch kam, war Andriukaitis noch litauischer Gesundheitsminister.
Vor seiner Ernennung zum Kommissar in Brüssel erklärte er 2014 dem Europaparlament, dass die EU beim Umgang mit Pestiziden Standards vorweisen könne, die „zu den höchsten der Welt“ zählten. Im vergangenen Juni verteidigte er indes vor dem Parlament die Neuzulassung des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat. Andriukaitis berief sich auf eine „Konvergenz der wissenschaftlichen Meinungen“, denen zufolge das Mittel nicht krebserregend sei.

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