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Kampfansage an die Rechten. Frankreichs Präsident Sarkozy gerät durch den Aufschwung der Front National in Bedrängnis und greift nun deren Themen auf.

© AFP

Fischen am rechten Rand: Sarkozy lässt über den Islam diskutieren

Frankreich scheint in Gefahr. Doch nicht Arbeitslosigkeit, Armut oder die hohe Staatsverschuldung sind es, die das Land bedrohen, sondern der Islam. So jedenfalls sind Äußerungen aus der Regierung Sarkozy zu interpretieren.

Frankreich scheint in Gefahr. Doch nicht Arbeitslosigkeit, Armut oder die hohe Staatsverschuldung sind es, die das Land bedrohen, sondern der Islam. „Mehr und mehr Franzosen haben das Gefühl, bei sich nicht mehr zu Hause zu sein“, erklärte jüngst Innenminister Claude Guéant, einer der engsten Vertrauten von Präsident Nicolas Sarkozy, „Frankreich muss Frankreich bleiben“. Jetzt nimmt sich auch die rechte Regierungspartei UMP der diffusen Ängste an. Unter dem Motto „Laizismus – um besser miteinander zu leben“ hat sie am heutigen Dienstag zu einem „Konvent“ über das Verhältnis von Staat und Religion aufgerufen. Dabei geht es nicht um das Prinzip der seit 1905 in der Verfassung verankerten Trennung zwischen Kirche und Staat, sondern vielmehr um den Platz des Islam in der Gesellschaft.

Den Anstoß zu den Debatte gab Sarkozy, der seine Ambition auf eine Wiederwahl 2012 durch die Nationale Front infrage gestellt sieht. Deren Chefin Marine Le Pen, die die Gebete von Muslimen auf offener Straße mit der Nazi-Besetzung Frankreichs während des Krieges verglich, findet mit rechtspopulistischen Sprüchen zunehmend Anklang bei den Wählerschichten, denen Sarkozy 2007 seine Mehrheit verdankte. Deren Stimmen könnten dem in den Umfragen auf einen Tiefstand abgerutschten Sarkozy zur Wiederwahl im nächsten Jahr fehlen.

Mit Petitionen und Protesten haben führende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens vor einer „Stigmatisierung“ der Muslime gewarnt. Aufsehen erregte eine gemeinsame Erklärung, in der sich die höchsten Repräsentanten aller Religionsgemeinschaften von der katholischen Kirche bis zu den Buddhisten gegen dieses „Manöver“ wandten. Zweifel am Zweck der Debatte wurden selbst in der UMP laut und führten zu einer Konfrontation zwischen dem liberalen und dem stramm rechten Flügel des Regierungslagers. Gemäßigte Kräfte wie Premierminister François Fillon, der die Teilnahme an dem Konvent ablehnte, befürchten, dass die Debatte wie jene vom vergangenen Jahr über die „nationale Identität“ nur der Nationalen Front nützt.

Praktische Fragen zum Platz des Islam in der französischen Gesellschaft gäbe es indes genug zu regeln. So wären nach Angaben des Rats der Muslime statt derzeit 2000 Moscheen 4000 erforderlich, um den etwa eine Millionen praktizierenden Gläubigen unter den schätzungsweise fünf Millionen Muslimen eine würdige Gebetsstätte zu bieten. Stattdessen macht das Verbot wieder Schlagzeilen, das das Tragen der Burka mit einer Strafe von 150 Euro ahndet. Frauen, die sich darin auf der Straße, in der U-Bahn oder beim Einkauf sehen lassen, können nach der neuen Durchführungsverordnung des Innenministeriums bis zu vier Stunden zur Feststellung ihrer Identität auf der Polizeiwache festgehalten werden.

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