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Politik: Fischer deutet, Radcke entscheidet (Kommentar)

Es gehört zu den imposantesten Erlebnissen im Leben eines Journalisten, Joschka Fischer beim Deuten zuzuhören. Nach den Niederlagen, die er in seiner Partei regelmäßig erleidet, dreht Fischer sich, quasi noch dampfend von der verlorenen Schlacht, um und erklärt, inwiefern er soeben, bei Lichte besehen und langfristig und eigentlich gewonnen hat.

Es gehört zu den imposantesten Erlebnissen im Leben eines Journalisten, Joschka Fischer beim Deuten zuzuhören. Nach den Niederlagen, die er in seiner Partei regelmäßig erleidet, dreht Fischer sich, quasi noch dampfend von der verlorenen Schlacht, um und erklärt, inwiefern er soeben, bei Lichte besehen und langfristig und eigentlich gewonnen hat. Atemberaubend. So hat es der heimliche Vorsitzende der Grünen auch diesmal wieder gemacht. Kaum dass sein Personal- und Strukturvorschlag gescheitert war, definierte er die Ereignisse zu seinen Gunsten um. Doch diesmal hat es nicht geklappt. Nichts hat er bekommen beim Parteirat, wie Antje Radcke gestern glasklar erläuterte. Zwar könne man über die Aufhebung der Trennung von Amt und Mandat diskutieren - nicht aber bei den Spitzenämtern. Nicht aber bei Radcke und Röstel also. Doch hat Fischer auch atmosphärisch nichts erreicht. Mit dem größeren Ernst, der nach Fischers Philippika in die grüne Führung eingezogen sei, scheint es nicht weit her zu sein. Denn während Fischer in New York noch virtuos umdeutete, zettelten die Grünen daheim eine Koalitionsdebatte an. Ob das für die Berlin-Wahl in zwölf Tagen eine ideale Mobilisierung darstellt? Und was für den Chef-Realo fast schon ein Desaster ist: Die Grünen wollen ihren Parteitag nicht vorziehen und sich mit der Parteireform "Zeit lassen". Manchmal fällt es sogar Fischer schwer, einen Scherbenhaufen als Meißner Porzellan auszugeben.

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