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Politik: Fischer weist Kritik der Botschafter zurück

Interne Nachrufe soll es nicht mehr geben / Experte: Disziplinarverfahren gegen Diplomaten unwahrscheinlich

Berlin - Außenminister Joschka Fischer hat die Kritik mehrerer Botschafter an seiner Entscheidung zurückgewiesen, keine Nachrufe für frühere Diplomaten mehr in der Mitarbeiter-Zeitung des Auswärtigen Amtes veröffentlichen zu lassen. „Über Todesfälle wird nur noch nachrichtlich informiert. Und dabei bleibt es“, sagte Fischer der „Bild“-Zeitung. Unterstützung für seine Position erhielt Fischer am Donnerstag von Grünen-Chefin Claudia Roth. Die umstrittene Änderung der internen Gedenkpraxis sei ein „Signal für einen bewussten Umgang mit unserer eigenen Geschichte“, sagte Roth. Im Tagesspiegel hatte auch Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Fischers Vorgehen gelobt.

Auslöser für Fischers Entscheidung war ein 2003 erschienener Nachruf auf den Ex-Diplomaten Franz Nüßlein, der NSDAP-Mitglied war und nach 1945 in der Tschechoslowakei wegen Kriegsverbrechen verurteilt worden war. Der Nachruf auf den früheren Diplomaten hätte so nicht erscheinen dürfen, sagte Fischer. „Dafür schäme ich mich noch heute.“ Weil sich das so nicht wiederholen dürfe, habe er die Konsequenzen gezogen, sagte der Grünen-Politiker.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt hat nach eigenen Angaben die deutschen Diplomaten nicht zur öffentlichen Kritik an Außenminister Joschka Fischer (Grüne) aufgerufen, wie Medien zuvor berichtet hatten. „Ich habe aber Verständnis dafür, dass sich einige Diplomaten Sorgen machen und dazu äußern, weil sie unter der Belastung der Visa-Affäre leiden“, sagte Gerhardt.

Fischers Entscheidung zur Neuregelung der Nachrufe ist nicht nur bei der Opposition, sondern auch bei ehemaligen und aktiven Diplomaten auf Kritik gestoßen. Der deutsche Botschafter in der Schweiz, Frank Elbe, 63, hatte Fischer, wie berichtet, in einem Brief Mangel an politischer Empfindsamkeit und miserables Krisenmanagement vorgeworfen. Elbe zufolge gelangte der Brief ohne sein Wissen an die Öffentlichkeit. Auf die Vorwürfe Elbes hat Fischer bisher nicht reagiert. „Zu konkreten Personalangelegenheiten äußere ich mich nie öffentlich“, sagte er im „Bild“-Interview. „Im Übrigen ist das Beamtenrecht eindeutig.“

Doch die kritischen Beamten müssen sich kaum Sorgen um drohende Disziplinarmaßnahmen machen, glaubt der Erlanger Verwaltungsrechts-Experte Detlef Merten. „Es ist unwahrscheinlich, dass gegen einen Botschafter ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, weil er Kritik am Außenminister übt. Denn auch Beamte haben ein Recht auf freie Meinungsäußerung“, sagte Merten dem Tagesspiegel. Wenn allerdings nachgewiesen würde, dass Botschafter Elbe den Brief den Medien direkt zugespielt habe, könne er sich eine Rüge einhandeln.

Prinzipiell stehen dem obersten Dienstherren noch weitere Instrumente zur Verfügung, um Mitarbeiter abzustrafen. Er kann einen Verweis aussprechen, der in der Personalakte vermerkt wird. Bei schweren Verstößen können Beamte auch entlassen werden oder ihre Versorgungsansprüche verlieren. Bei weniger schweren Fällen kann der Dienstherr eine Gehaltskürzung von bis zu einem Fünftel für maximal drei Jahre verfügen oder das Ruhegehalt kürzen. Dazu müsste allerdings ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden. „Ich kann kein Vergehen erkennen, dass für eine Disziplinarstrafe ausreichen würde“, sagte Merten. „Die Botschafter sind ja in der Regel auch juristisch geschult und wissen, was sie sich erlauben können.“

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