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Politik: Fischerei-Politik: Die Netze sollen öfter im Hafen bleiben

Nur zweimal in der Woche durften Hamburgs Bürger früher ihren Dienstboten Stör zumuten. Der Fisch war so billig, dass die knauserigen Kaufleute ihn sonst ständig auf den Tisch der Hausangestellten gebracht hätten.

Nur zweimal in der Woche durften Hamburgs Bürger früher ihren Dienstboten Stör zumuten. Der Fisch war so billig, dass die knauserigen Kaufleute ihn sonst ständig auf den Tisch der Hausangestellten gebracht hätten. Die Verordnung ist lange außer Kraft, heutzutage wäre sie unnötig. Denn dem Stör geht es wie Dorsch, Kabeljau, Seehecht und Hering: Die Bestände in Nord- und Ostsee drohen auszusterben.

"Besorgniserregend" nennt Renate Künast, als Agrarministerin auch für die Fischerei zuständig, die "zunehmende Dynamik des Bestandsabbaus". Denn in Nord- und Ostsee und im Atlantik ziehen die Fischer den Fisch schneller aus dem Meer, als er sich fortpflanzen kann.

Künast will nun mit EU-Kommissar Franz Fischler für eine andere Fischerei-Politik kämpfen. Fischler hatte bereits im Frühjahr einen Plan zur Diskussion in die EU-Staaten geschickt, der ab 2002 in eine neue EU-Politik münden soll. Fischler fordert darin, dass die Fischfangflotte um 40 Prozent reduziert wird. Außerdem sollen die Netze verändert und die Kontrolle verschärft werden. Künast schließt sich als eine der ersten Minister in der Gemeinschaft den Forderungen an. Sie will außerdem die Industriefischerei verbieten oder mindestens kurzfristig einschränken lassen. Denn rund die Hälfte der gefangenen Fische werden zu Fischmehl für die Tiermast oder Fischöl für industrielle Zwecke verarbeitet. Künast will ebenfalls für eine striktere Kontrolle streiten, denn zwischen 20 und 30 Prozent der Fische gehen schon auf See wieder tot über Bord. Sie sind zu klein, ungenießbar oder schlicht nicht lukrativ genug zu verkaufen.

In Brüssel muss sich die Ministerin auf einen langen Streit einstellen. Denn die Deutschen essen zwar gern Fisch, importieren aber den größten Teil aus den Nicht-EULändern Norwegen oder Island. In Spanien, Griechenland, Holland, Frankreich und Italien hingegen ist die Fischerei ein bedeutender Industriezweig. Und der Widerstand aus diesen Ländern dürfte groß sein. In Deutschland will Künast ein Ökozeichen für Fisch voranbringen. Bei den Mengen, die Deutschland jährlich abnimmt, sagt sie, "können wir die Kriterien vorgeben".

Ulrike Fokken

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