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Die syrischen Flüchtlinge an der türkischen Grenze, wie hier in Kilis, brauchen demnächst Visa.

© SEDAT SUNA/dpa

Flüchtlinge: Die Türkei verlangt nun Visa

Wegen der steigenden Flüchtlingszahlen soll die Einreise für Iraker, Libyer und Syrer erschwert und mehr Menschen zurückgeschickt werden.

Bisher war eine Reise in die Türkei für Iraker ein Kinderspiel. Sie brauchten zwar ein Visum, doch das konnten sie sich ohne Probleme bei der Einreise in den Pass stempeln lassen. Jetzt hat Ankara wegen der steigenden Flüchtlingszahlen im eigenen Land und mit Rücksicht auf die Vereinbarung mit der EU die Notbremse gezogen: Iraker müssen jetzt schon vor der Reise in die Türkei ein Visum beantragen. Die Neuregelung hat sofort Wirkung gezeigt: „Jetzt gibt es lange Schlangen vor der türkischen Botschaft in Bagdad“, sagt ein Regierungsvertreter. Und in der Türkei kommen weniger Iraker an als vorher.

Laut offiziellen Zahlen gewährt die Türkei derzeit rund 2,5 Millionen Syrern und etwa 200.000 Irakern Zuflucht. Viele der Flüchtlinge sehen die Türkei nur als Durchgangsstation auf dem Weg in den Westen. Im Rahmen der Vereinbarung mit der EU über eine Senkung der Flüchtlingszahlen geht die Regierung nun einen ähnlichen Weg wie Europa: Mit den neuen Visabestimmungen, Einreisehindernissen und Rückführungen will sie für Flüchtlinge möglichst unattraktiv werden.

Bedrohung durch Terroristen wächst

Auch Libyer und Syrer, die per Schiff oder Flugzeug aus Drittstaaten wie Jordanien oder Libanon einreisen, brauchen seit einiger Zeit Visa. Gleichzeitig will die Türkei ein bestehendes Abkommen mit Afghanistan nutzen, um Flüchtlinge dorthin zurückschicken zu können. Ein ähnliches Rückübernahmeabkommen für Flüchtlinge aus Europa in die Türkei soll im Sommer zwischen EU und Türkei in Kraft treten – spätestens dann muss Ankara die entsprechenden Verträge mit den Herkunftsländern der Menschen unter Dach und Fach haben.

Die vielen Flüchtlinge bereiteten auch der Türkei selbst Schwierigkeiten, sagte der türkische Generalkonsul im nordirakischen Erbil, Mehmet Akin Inam. Allein im vergangenen Jahr seien 160.000 Iraker in der Türkei geblieben, obwohl sie eigentlich wieder in den Irak hätten zurückkehren müssen. Auch die terroristische Bedrohung wachse, weil sich Gewalttäter unter die Neuankömmlinge mischen könnten. Ankara hofft, potenzielle Extremisten mit der Prüfung auszusieben.

Anteil der Iraker steigt

Mehrere zehntausend syrische Flüchtlinge leben derzeit in Lagern auf der syrischen Seite der Grenze; in den vergangenen Wochen wurden nach Regierungsangaben insgesamt nur 7000 Syrer ins Land gelassen. Sie werden auch ohne Papiere als Bürgerkriegsflüchtlinge geduldet.

Laut EU stellten die Syrer im September noch knapp 70 Prozent aller Flüchtlinge, die von der Türkei aus über die Ägäis nach Griechenland kamen, im Januar aber nur noch 38 Prozent. Gleichzeitig nahm der Anteil der Iraker von acht auf 15 Prozent zu. Insgesamt ist die Zahl der aus der Türkei nach Griechenland reisenden Flüchtlinge im Januar auf etwa 2000 pro Tag gesunken – wobei das schlechte Wetter als wichtigster Grund gilt. Susanne Güsten

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