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Nachts Schlangestehen vorm Berliner Lageso. Die Koalition will die Verfahren beschleunigen.

© Kay Nietfeld/dpa

Flüchtlinge in Deutschland: Ist das Asylpaket II verfassungsgemäß?

Am Donnerstag soll das Asylpaket II durch den Bundestag. Am Montag hörte der Innenausschuss Sachverständige an - deren Bewertungen auseinander gingen.

Einen Tag vor seiner abschließenden Sitzung zum Asylpaket II hat der Innenausschuss im Bundestag Sachverständige gehört – deren Ansichten teils hart aufeinanderprallten. Glatt ablehnend äußerten sich das UN-Flüchtlingshilfswerk, die Diakonie und der Deutsche Anwaltverein. Zustimmung kam dagegen von zwei Rechtsprofessoren und dem Landkreistag. Die Linken-Innenpolitikerin Ulla Jelpke protestierte in Namen ihrer Fraktion erneut gegen die Eile des Verfahrens; ihre Kollegin Luise Amtsberg von den Grünen schloss sich dem an. Das Gesetz soll am Donnerstag schon den Bundestag passieren.

"Mehr statt weniger Bürokratie"

Diakonie und UNHCR nahmen sich den im Titel genannten Zweck des „Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“ vor. Roland Bank von der UNHCR-Vertretung in Berlin sagte, seine Organisation habe weltweit die Erfahrung gemacht, dass „Verfahrensänderungen nicht immer mehr Verfahrenseffizienz“ bedeuteten. Dies gelte insbesondere jetzt, da das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) schon mit sehr hohen Flüchtlingszahlen konfrontiert sei.

Die Vertreterin des evangelischen Wohlfahrtsverbands sagte, tatsächlich werde es bei der Erstaufnahme von Asylsuchenden mehr statt weniger Bürokratie geben. Sie plädierte statt des neuen Gesetzes dafür, das Bamf lieber per Altfallregelung von Asylverfahren zu entlasten, die schon Jahre dauerten, und die – einfachere – schriftlichere Form der Anhörung für Eritreer, Iraker und Syrer wieder einzuführen. Staatsangehörige aller drei Länder werden sehr oft anerkannt.

Während Berthold Münch vom Deutschen Anwaltverein darauf verwies, dass vor allem die zwei Jahre Pause für den Familiennachzug gegen den Schutz von Ehe und Familie im Grundgesetz verstoße, widersprachen der Hallenser Professor für Öffentliches Recht, Winfried Kluth, und sein Konstanzer Kollege, der Migrationsrechtsexperte Daniel Thym. Weder für das Bundesverfassungsgericht noch in der EU-Rechtsprechung gelte die Einheit der Familie absolut, sagte Thym. Außerdem gebe es weiterhin einen Ermessensspielraum für das Bamf, auch die neue Möglichkeit der Schnellverfahren sei eine Kann-Bestimmung, über die es entscheiden könne.

Auch Kluth sprach von einem "relativ lockeren Rechtsrahmen", den das Bamf ausfüllen könne. Er halte die Pläne der Koalition "insgesamt für mit dem Grundgesetz und der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar" und betonte, man müsse auch den politischen Rahmen der geplanten Änderungen würdigen.

"Gesetz rettet deutsche Großzügigkeit"

Durch sie werde vermieden, dass die deutschen Grenzen geschlossen oder Obergrenzen für die Aufnahme von Flüchtlingen eingeführt würden und garantierten insofern, dass es bei der "bislang durch Deutschland praktizierten großzügigen Schutzgewährung" bleiben könne. Ein weiterer Streitpunkt zwischen den Juristen war die Fairness der neuen schnellen Verfahren und der Unterbringung von Menschen etwa aus Ländern, die per Gesetz zu sicheren erklärt wurden.

Deren Bewegungsfreiheit sei anders als beim längst eingeführten Flughafenverfahren nicht eingeschränkt, sagte Thym. Münch sprach dagegen vom "hermetischen Charakter der besonderen Aufnahmeeinrichtungen", die jetzt eingerichtet werden sollen. Aus seiner Erfahrung im Heidelberger Patrick-Henry-Village wisse er, dass freiwillige Rechtsberater dort die Antragsteller gar nicht zu Gesicht bekämen, sie seien "weg, auf einer Fertigungsstraße, die sie mit einem Bescheid verlassen".

Der Vertreter des Landkreistags sagte, sein Verband stehe „ausdrücklich und einhellig“ hinter dem Gesetz. Es brauche „dringend Signale der Zuzugsbegrenzung“, das neue Gesetz baue hier "bürokratische Hindernisse" ab.

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