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Flüchtlinge am Dienstag an der griechisch-mazedonischen Grenze in der Nähe der Ortschaft Gevgelija

© Georgi Licovski/dpa

Update

Flüchtlinge in Europa: SPD: Deutschland soll Polizisten nach Griechenland schicken

Die SPD fordert, dass mehr deutsche Polizisten Griechenland bei der Grenzsicherung unterstützen. Flüchtlingshelfer und Linkspartei halten das für "Quatsch".

Von Matthias Meisner

Die SPD will die Regierung in Athen mit Polizisten aus Deutschland bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise helfen. "Deutschland sollte Griechenland auf jeden Fall unterstützen", sagte Generalsekretärin Katarina Barley in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. "Ein Beispiel wäre, dass man Polizeibeamte oder andere Verwaltungskräfte nach Griechenland entsendet, um dort zu helfen, die Lage in den Griff zu bekommen."

Das Land habe genug Probleme und könne nicht auch noch die komplette Flüchtlingskrise abfangen, sagte die SPD-Generalsekretärin. "Griechenland darf in dieser Phase nicht hängengelassen werden." Neben der besseren Sicherung der Außengrenzen der Europäischen Union sei auch die geordnete Aufnahme von Kontingenten an Flüchtlingen erforderlich, sagte Barley: "Die dürfen da nicht an den Stacheldrahtzäunen stehen ohne Perspektive."

Ein Sprecher der SPD erläuterte, Barley denke bei ihrem Vorstoß zum Beispiel an die Grenzsicherung in Richtung Türkei. Der Sprecher verwies darauf, dass sich ähnlich auch der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius geäußert habe. Pistorius hatte nach einem Besuch in Griechenland in einem Interview mit der "Welt" erklärt, er werde gemeinsam mit seinem hessischen Kollegen Peter Beuth (CDU) auf der Innenministerkonferenz dafür werben, dass die Bundesländer "mehr Polizisten nach Griechenland schicken, um Frontex bei der Registrierung von Flüchtlingen zu unterstützen". Pistorius argumentierte: "Das macht auch Deutschland sicherer."

Widerspruch zu den SPD-Forderungen äußerte die Linkspartei. Deren Innenpolitikerin Martina Renner sagte dem Tagesspiegel: "Den verzweifelten Flüchtlingen in Griechenland Polizei zu schicken ist so, wie hier Arbeitslose dem Kontrollregime von Hartz IV zu unterwerfen." Ordnungspolitik ersetze bei der SPD schon lange soziales Engagement und Mitmenschlichkeit. Renner betonte zudem, die Polizei werde hier dringend zum Schutz vor rassistischen Brandstiftern gebraucht.

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Der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Matthias Höhn, twitterte: "Polizisten? So ein Unfug! Griechenland braucht europäische Solidarität und ein Ende der Finanzdiktate, um die Herausforderung zu schultern."

Auch die Flüchtlingshelfer vom Dresden-Balkan-Konvoi, die sich seit Wochen in dem Grenzort Idomeni nahe der griechisch-mazedonischen Grenze engagieren, sind empört. "Deutsche Polizisten in Griechenland? Das ist Quatsch", sagte ein Sprecher der Organisation dem Tagesspiegel: "Mal abgesehen vom unmöglichen Unterfangen, die Menschen von der Flucht abzuhalten, offenbart diese Idee, dass es der SPD-Generalsekretärin an Analysefähigkeit mangelt: Die Geflüchteten suchen Schutz, nicht Gummiknüppel. Sie brauchen erstmal ein Dach überm Kopf, ausreichend Essen und ein Asylverfahren, was den Namen verdient." So steigere Deutschland sein Ansehen in der Welt keinesfalls.

Grüne: Dublin-Regime durch solidarisches System ersetzen

Der innenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Deutschland und die EU müssten Griechenland bei der Flüchtlingsaufnahme deutlich besser unterstützen.

"Wenn Griechenland dafür die Entsendung deutscher Beamter fordert, kann das kurzfristig ein sinnvoller Beitrag sein." Allerdings müsse vor allem das von Anfang an ungerechte Dublin-Regime durch ein solidarisches System ersetzt werden, das allen Mitgliedstaaten gleichermaßen die Verantwortung für die Flüchtlingsaufnahme gebe. "Nach dem Dublin-System liegt die Verantwortung für die Flüchtlingsaufnahme strukturell ganz überwiegend bei den Staaten im Süden und Südosten Europas. Dass das nicht funktionieren kann, hätte der Bundesregierung spätestens auffallen müssen, als in Italien anerkannte Flüchtlinge den Oranienplatz in Berlin besetzten, weil sie in Italien keine Perspektiven mehr sahen."

In Griechenland hängen Tausende Flüchtlinge fest, da Mazedonien nur noch eine begrenzte Anzahl auf der Balkan-Route durchlässt. In der österreichischen Regierung wird der Plan diskutiert, dass deutsche und österreichische Polizisten ihren Kollegen in Slowenien – eventuell sogar in Kroatien – bei der Sicherung der Außengrenze helfen könnten. Dafür hatten sich mehrere ÖVP-Politiker wie Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Außenminister Sebastian Kurz stark gemacht.

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Die Regierung in Athen rechnet damit, dass wegen der Schließung seiner Grenze zu Mazedonien in den kommenden Tagen mehr als 100 000 Migranten in Griechenland festsitzen könnten. Aus diesem Grund habe die Regierung ein EU-Hilfspaket in Höhe von 470 Millionen Euro beantragt, berichtete der griechische Fernsehsender ANT1 am Dienstag. Auch andere Medien nannten diesen Betrag. Der Plan sehe vor, dass etwa 50.000 Menschen in Aufnahmelagern und weitere 50.000 in einfachen Hotels untergebracht werden sollen. Es würden insgesamt 8200 Polizisten und zivile Mitarbeiter benötigt, um die Flüchtlinge zu registrieren und für Verpflegung, Gesundheit und Sicherheit zu sorgen, hieß es. (mit dpa/rtr)

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