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Hunderte Demonstranten versuchten, die Polizeilinien an der italienisch-österreichischen Grenze am Brenner zu durchbrechen.

© dpa

Flüchtlinge in Italien und Österreich: Brenner: Gewalt bei Protesten gegen Grenzschließung

Vier Polizisten und mehrere Demonstranten wurden bei den Zusammenstößen verletzt. EU-Kommissionspräsident Juncker warnte vor einer geplanten Grenzschließung.

Hunderte Demonstranten haben sich bei Protesten gegen mögliche Grenzkontrollen Österreichs am Brenner-Pass nach Italien Auseinandersetzungen mit der Polizei geliefert. Etwa 500 Aktivisten griffen am Samstagnachmittag Einsatzkräfte an, sie warfen Feuerwerkskörper und Gegenstände, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa meldete. Die Polizei setzte Tränengas ein. Vier Beamte und mehrere Demonstranten wurde verletzt, etwa 20 Aktivisten wurden festgesetzt. Italiens Carabinieri wollten sich auf Anfrage zunächst nicht dazu äußern.

Der Protestzug formierte sich Ansa zufolge am Nachmittag auf italienischer Seite, von dort aus marschierten die Menschen in Richtung Grenze. Die österreichische Polizei sprach in ersten Meldungen von etwa 600 Demonstranten. In Österreich waren zunächst keine Aktivisten unterwegs. Die österreichische Polizei gab an, sie habe sich mit etwa 300 Beamten auf etwaige Ausschreitungen vorbereitet.

Nachdem die Demonstration gegen die von Österreich vorbereiteten Grenzkontrollen am Brenner-Pass von den Aktivisten bis Freitag den Behörden nicht gemeldet wurde, wurde dort eine Platzverbotszone verhängt. Bei den zwei bisherigen Demonstrationen in den vergangenen Wochen war es bereits zu gewalttätigen Zwischenfällen gekommen. Österreich bereitet sich seit Wochen auf etwaige Kontrollen an dem Grenzübergang vor.

Juncker warnt vor politischen Konsequenzen

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hingegen warnte Österreich davor, zur Abwehr von Migranten Grenzkontrollen einzuführen. Dies wäre eine „politische Katastrophe“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Der Verkehrsknotenpunkt sei in jeder Hinsicht eine wichtige Verbindung zwischen Nord- und Südeuropa. „Alles, was den Brenner blockieren würde, hätte deshalb nicht nur gravierende wirtschaftliche, sondern vor allem auch schwere politische Konsequenzen.“

Nach Abriegelung der Balkanroute und Inkrafttreten des EU-Paktes mit der Türkei wird erwartet, dass Migranten versuchen, auf anderen Wegen nach Europa zu kommen. Die Kontrollen am Brenner sollen abhängig vom Flüchtlingsandrang beginnen. An dem Grenzübergang trifft Österreich auch Vorbereitungen für einen 370 Meter langen Maschendrahtzaun.

Juncker sagte insgesamt eine rasche Linderung der Flüchtlingskrise in der EU voraus. „Wir stehen vor einer Kehrtwende“, sagte er. „Das Abkommen mit der Türkei zeigt seine Wirkung, und die Flüchtlingszahlen sinken deutlich.“ Allein in den ersten drei Wochen seit Inkrafttreten der Vereinbarung sei die Zahl der Flüchtlinge um 80 Prozent zurückgegangen. „Völlige Entwarnung“ könne es allerdings erst geben, wenn die Flüchtlingszahlen nachhaltig niedrig blieben. Die Abmachung mit der Türkei habe den Europäern Handlungsspielraum eröffnet, um Lehren aus der Krise zu ziehen und mittelfristig ein faireres und effizienteres Asylsystem aufzubauen, sagte er.

Scharf kritisierte Juncker die Errichtung des Zauns an der mazedonisch-griechischen Grenze. „Zäune mögen Flüchtlinge am Weiterziehen hindern. Aber kein Zaun und keine Mauer ist hoch genug, um diese Menschen davor abzuschrecken, nach Europa zu kommen, wenn sie vor Krieg und Gewalt in ihren Heimatländern fliehen.“ (dpa)

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