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Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) wird von EU-Parlamentschef Martin Schult scharf kritisiert.

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Flüchtlinge: Streit um Asylanträge: Martin Schulz wirft Thomas de Maizière Versagen vor

Angesichts von knapp 356.000 unbearbeiteten Asylanträgen hat der EU-Parlamentspräsident den Innenminister scharf kritisiert. Die Innenminister der Länder sehen die Schuld beim Bamf.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) angesichts von mehr als 350.000 unbearbeiteten Asylanträgen Versagen vorgeworfen. De Maizière habe es "seit Jahren trotz der Klagen aus Ländern und Kommunen nicht geschafft, dafür zu sorgen, dass die Verwaltungsvorschriften umgesetzt und die Asylanträge zügig bearbeitet werden", sagte Schulz laut "Die Welt" am Montag. "Der Minister muss endlich das umsetzen, was die Bundesregierung beschlossen hat, dann laufen die Dinge auch besser", verlangte Schulz.

Massive Kritik an der Arbeit des Bamf

An der Arbeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte es zuvor massive Kritik gegeben. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) forderte am Sonntag mehr Einsatz von den Behördenmitarbeitern. Nach einem Auftritt vom Leiter des Bamf, Frank-Jürgen Weise, auf der Innenministerkonferenz war von Ressortchefs der SPD wie der CDU Kritik gekommen. Die Innenminister der Länder hatten die Arbeitsweise der Behörde kritisiert und entschiedenere Schritte zur Beschleunigung der Asylverfahren gefordert. Sie regten Schichtarbeit und Einsätze am Wochenende an.

In diesem Jahr sind bis Ende November nach einem Zeitungsbericht 964.574 Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Das berichtet die "Passauer Neue Presse" am Montag unter Berufung auf eine ihr vorliegende Antwort des Bundesinnenministeriums zu einer parlamentarischen Anfrage. Im gesamten Vorjahr waren es demnach nur 238.676 Flüchtlinge. Die Zahl der unbearbeiteten Asylanträge beim Bamf sei bis Ende November auf knapp 356.000 gestiegen. Im vergangenen Jahr hatte die Zahl der unerledigten Asylanträge demnach noch bei knapp 170.000 gelegen.

425.000 Asylanträge in 2015

Die Gesamtzahl der Asylanträge lag im laufenden Jahr nach Angaben der Zeitung insgesamt bei gut 425.000 und damit mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr mit knapp 203.000. Die durchschnittliche Verfahrensdauer von der Antragstellung bis zur Asylentscheidung habe sich von 7,1 Monaten im Jahr 2014 auf 5,2 Monate im laufenden Jahr verkürzt. Demnach gab es im Vorjahr knapp 129.000 Asylentscheidungen, im Jahr 2015 gut 240.000.

Auch der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, forderte in der "Passauer Neue Presse" ein höheres Arbeitstempo beim Bamf. Die Zahl unerledigter Anträge sei "unverantwortlich, sowohl den Flüchtlingen als auch den Ländern und Kommunen gegenüber". "Hier muss schnell etwas geschehen", sagte Hofreiter. Nach seiner Ansicht sollte das Bamf "unbürokratisch eine Art von Schichtbetrieb und eine Ausweitung der Dienstzeiten einführen".

Die Bundesregierung nimmt das Bamf in Schutz

Unterdessen nimmt die Bundesregierung das Bamf und dessen Leiter gegen Kritik aus den Ländern in Schutz genommen. „Frank-Jürgen Weise ist jetzt einige Wochen im Amt, und es hat sich in dieser Zeit unglaublich viel bewegt“, sagte Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) am Sonntagabend in der ARD. Er wies auf die dramatisch gestiegenen Flüchtlingszahlen hin und erklärte, die Bearbeitungszeit der Asylanträge sei dennoch verkürzt und die Zahl der Entscheidungen erhöht worden. „Und deshalb halte ich es nicht für zielführend, wenn wer auch immer dann glaubt, auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes politische Erklärungen abzugeben“, so Altmaier in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Auch Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) schloss sich der Kritik an der Effizienz der Behörde „ausdrücklich nicht“ an. „Es wird dort unter Hochdruck gearbeitet“, sagte sie in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Es würden beim Bundesamt im neuen Jahr 4000 neue Leute eingestellt. „Dann wird es einen guten Schritt nach vorne gehen.“ Sie fügte hinzu: „Wir sollten jetzt alle miteinander nicht in ungerechtfertigte Kritik übergehen.“

SPD und Grüne sehen die Verantwortung beim Innenminister

SPD und Grüne machten erneut Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) für die Überlastung der ihm unterstellten Behörde verantwortlich. SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel richtete den Fokus auf den Innenminister: „Herr de Maizière trägt alleine die politische Verantwortung für die aktuellen Zustände beim Bamf. Er kann sich nicht hinter Herrn Weise verstecken“, schrieb er in einer Mitteilung. Die Personalaufstockung sei „nur ein erster Schritt“.

(AFP,dpa)

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