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Ungarns Regierungschef Viktor Orban.

© dpa

Flüchtlinge: Ungarn beginnt mit Abschiebungen ohne Asylverfahren

Die ungarischen Behörden beginnen an der Grenze zu Serbien, illegal ins Land gelangte Flüchtlinge ohne Asylverfahren abzuschieben. Davon sind täglich rund 150 Migranten betroffen.

Seit einiger Zeit registrieren die österreichischen Behörden bis zu 500 Personen, die täglich über Ungarn in die Alpenrepublik eingeschleust werden. Das Innenministerium in Wien will nun der Praxis einen Riegel vorschieben, dass Migranten ohne Papiere illegal einzureisen versuchen – auf Anordnung des Ministeriums wurden die Grenzsicherungsmaßnahmen an der österreichisch-ungarischen Grenze wieder verschärft. Bei jedem Fahrzeug wird zumindest eine Sichtkontrolle durchgeführt, im Verdachtsfall genau untersucht. Zu Beginn dieser Woche starteten dann die ungarischen Grenzer mit einer Aktion, die offenbar als Retourkutsche gemeint war: Auch auf der ungarischen Seite begannen die Beamten damit, Autos anzuhalten. Die Folge: Staus mit einer Länge von bis zu 30 Kilometern Länge.

Allerdings verfügt Ungarn anders als Österreich derzeit über keine Genehmigung für Grenzkontrollen an der Schengen-Binnengrenze. Deshalb bestellte der Wiener Innenminister Wolfgang Sobotka sofort den ungarischen Botschafter, Janos Perenyi, ins Amt und bat um Aufklärung des Sachverhalts. Auf ungarischer Seite war von einem Missverständnis die Rede. Nachdem generell schärfere Straßenverkehrskontrollen in Ungarn angeordnet worden seien, habe man versehentlich auch bei Hegyeshalom an der Autobahn kontrolliert, lautete die Begründung. Im Büro von Ministerpräsident Viktor Orban hieß es, dass alle Probleme inzwischen wieder gelöst seien. Tatsächlich funktioniert der Grenzverkehr mittlerweile wieder reibungslos. Allerdings, so heißt es offiziell, könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass im Bedarfsfall wieder strenge Kontrollen an den Grenzzufahrten erfolgen.

Budapest ist aber trotzdem bemüht, die erst vor kurzem vereinbarte intensive Zusammenarbeit mit Wien zügig voranzutreiben. In zwei Wochen soll schon wieder ein Treffen der Innenminister mit hohen Beamten stattfinden. Das ändert allerdings nichts daran, dass Ungarn Flüchtlinge aus Österreich nicht zurücknehmen will. Zudem beginnen die ungarischen Behörden an der Grenze zu Serbien, illegal ins Land gelangte Flüchtlinge ohne Verfahren abzuschieben. Davon sind derzeit rund 150 Migranten täglich betroffen. Darüber hinaus soll der Zaun zu Serbien und Kroatien verstärkt werden.

Mit der Flüchtlings- und Asylproblematik beschäftigen sich auch die EU-Innenminister an diesem Donnerstag in der slowakischen Hauptstadt Bratislava. Nachdem die Slowakei im zweiten Halbjahr den EU-Vorsitz führt, kommt es in der Hauptstadt zu einem Gedankenaustausch aller Innenminister über offene Fragen und anstehende Probleme. Gemeinsame Beschlüsse sind allerdings nicht zu erwarten, da es derzeit zwischen den mittelosteuropäischen Ländern und dem Rest der EU eine Reihe von unüberwindbaren Differenzen in der Flüchtlingspolitik gibt.

Das Treffen der EU-Innenminister wird zudem von der slowakischen Innenpolitik überschattet. Die Opposition hat im Parlament einen Misstrauensantrag gegen Ministerpräsident Robert Fico eingebracht. Hintergrund ist ein Korruptionsskandal, in den Innenminister Robert Kalinak verwickelt ist, der wiederum von seinem Partei- und Regierungschef gedeckt wird.

Erschienen bei EurActiv.

Das europapolitische Onlinemagazin EurActiv und der Tagesspiegel kooperieren miteinander.

Herbert Vytiska

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