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Ein Bild klagt an. Die überlebende Frau bei ihrer Rettung. Zwei weitere Menschen waren bei der Ankunft der Retter bereits tot.

© Pau Barrena, AFP

Flüchtlingsdrama im Mittelmeer: Zum Sterben zurückgelassen

Eine Hilfsorganisation erhebt nach einer dramatischen Rettungsaktion schwere Vorwürfe gegen die libysche Küstenwache.

Mit weit aufgerissenen Augen schaut die Schiffbrüchige ihre Retter an, die sie in ein Schlauchboot ziehen. Im Gesicht der erschöpften Frau spiegelt sich Angst und Entsetzen. Sie kämpfte im Mittelmeer stundenlang um ihr Leben. An ein Stück Holz geklammert. Rund 150 Kilometer vor der libyschen Küste entfernt. Neben ihr treiben im Wasser die Reste eines Gummibootes und zwei Leichen von afrikanischen Migranten. Die Toten, die ebenfalls geborgen wurden, sind eine weitere Frau und ein kleines Kind.

Die dramatischen Bilder, die die spanische Hilfsorganisation „Proactiva Open Arms“ veröffentlichte, gehen derzeit um die Welt, dazu die schweren Anschuldigungen gegen die libysche Küstenwache. Ihr werfen Helfer auf dem Schiff „Open Arms" vor, dieser Frau und weiteren Migranten auf dem Meer nicht geholfen zu haben. Offenbar ließ die Küstenwache diese Migranten zurück, weil sie nicht nach Libyen gebracht werden wollten. „Die libysche Küstenwache erklärte, dass sie ein Boot mit 158 Menschen abgefangen und dass sie medizinische und humanitäre Hilfe geleistet habe. Was sie aber nicht sagte war, dass sie zwei Frauen und ein Kind auf diesem Boot zurückließen, weil sie sich weigerten, die libyschen Patrouillenschiffe zu besteigen.“ Es ist ein schwerer Vorwurf, den Oscar Camps, der Gründer von Proactiva Open Arms, via Twitter erhob.

Menschenrechte bleiben auf der Strecke

Die libysche Küstenwache war von der Europäischen Union ausgebildet und ausgerüstet worden, um die Migrationsroute Richtung Italien zu kappen. Schon seit 2017 schützen libysche Patrouillenschiffe die südeuropäische Seegrenze. Der Auftrag lautet, Flüchtlingsschiffe zu stoppen und die Migranten an Libyens Küste zurückzubringen. Seit Jahresbeginn, so teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) jüngst mit, habe die libysche Küstenwacht bereits rund 10000 Migranten im Meer aufgegriffen und zurücktransportiert.

Dass bei der EU-Zusammenarbeit mit Libyen die Menschenrechte auf der Strecke bleiben, wird von humanitären Organisationen schon länger kritisiert. Die nach Libyen zurückgebrachten Migranten landen in überfüllten Haftzentren, in denen erbärmliche Zustände herrschen. Flüchtlinge, die es von Libyen nach Europa schafften, berichten, dass in libyschen Lagern Folter, Vergewaltigung, Erpressung und Sklaverei zum Alltag gehören.

Wohl deswegen flehte Josefa, wie die gerettete Frau aus Kamerun heißt, die Helfer zunächst immer wieder an: „Libyen nein, Libyen nein.“ Die libysche Küstenwache wies die Vorwürfe der spanischen NGO zurück, man habe sich an die Regeln gehalten. Inzwischen befindet sich die „Open Arms" auf dem Weg nach Mallorca.

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