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Ungarns Regierungschef Viktor Orban in der vergangenen Woche beim EU-Gipfel in Brüssel.

© dpa

Flüchtlingskrise in Ungarn: Viktor Orban und das Abschottungs-Dilemma

In den letzten Tagen sind wieder vermehrt Flüchtlinge nach Ungarn gekommen. Dies ist offenbar die Folge eines Abschottungs-Kurses, den Ungarns Regierungschef Viktor Orban anderswo in Europa verfolgt.

„Der Zaun scheint nicht den Zweck zu erfüllen, für den er gebaut wurde.“ Diese Bilanz zieht Aniko Bakonyi von der Budapester Menschenrechtsorganisation „Hungarian Helsinki Committee“ fünf Monate nach der Fertigstellung des Zauns an der ungarisch-serbischen Grenze. Ungarns Regierungschef Viktor Orban will sein Land mit dem Zaun gegen Flüchtlinge abschotten. Doch am vergangenen Wochenende ist der Zahl der Flüchtlinge und Migranten, die Ungarns Grenze im Süden überwinden, steil angestiegen: Nach Angaben der ungarischen Polizei gab es allein zwischen dem vergangenen Freitag und Sonntag mehr als 500 Festnahmen wegen illegaler Grenzüberschreitungen von Serbien aus. Im gesamten Monat Januar hatte es 550 Festnahmen gegeben. Vielen Ankömmlingen beispielsweise aus Marokko, Iran und Pakistan droht im Gegensatz zu den syrischen Flüchtlingen die Abschiebung.

Konsequenz der verstärkten Kontrollen zwischen Hellas und Mazedonien

Der Anstieg der Zahlen hänge offenbar damit zusammen, dass sich inzwischen an der griechisch-mazedonischen Grenze zurückgewiesene Flüchtlinge den Weg über Serbien und Ungarn suchten, sagte die Menschenrechtlerin Bakonyi dem Tagesspiegel. Zunächst hatten die mazedonischen Behörden im vergangenen November entschieden, die Übergängen an der Grenze zu Griechenland nur noch für Syrer, Iraker und Afghanen zu öffnen. Am vergangenen Sonntag schloss Mazedonien dann die Grenze für Afghanen.

Im Januar stieg die Zahl der Asylanträge in Ungarn wieder an

Dass Orbans Zäune – im vergangenen Oktober war eine Sperranlage an der Grenze zu Kroatien fertig geworden – Lücken aufweisen, ist bereits seit einigen Wochen bemerkbar. Obwohl der Vorsitzende der rechtskonservativen Fidesz-Partei sein Land komplett gegen Flüchtlinge abschotten will, wurden in Ungarn im vergangenen Monat 433 Asylanträge registriert. Im Dezember 2015 waren es lediglich 232 Anträge gewesen.

Ungarns Regierungschef Orban gilt unter den osteuropäischen EU-Mitgliedern als treibende Kraft hinter dem Plan, die mazedonisch-griechische Grenze komplett abzuriegeln und damit Griechenland faktisch mit dem Flüchtlingsproblem alleinzulassen. Damit ist er auf europäischer Bühne in der Flüchtlingspolitik gewissermaßen der Gegenspieler von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die einen anderen Ansatz verfolgt. Merkel setzt darauf, dass die Türkei die Flüchtlinge hindert, an der Ägäisküste nach Griechenland überzusetzen.

Seehofer will Orban Anfang März treffen

Zwar hatte sich Orban beim zurückliegenden EU-Gipfel in der vergangenen Woche damit einverstanden erklärt, dem Aktionsplan zwischen der EU und der Türkei eine Chance zu geben. Wie lange der Burgfrieden zwischen Merkel und Orban hält, ist allerdings unklar. Beim nächsten EU-Sondergipfel mit der Türkei am 6. März soll geklärt werden, wie weit der Aktionsplan in der Praxis vorangekommen ist.
Mit Blick auf den EU-Sondergipfel will auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer demnächst auch wieder den Druck auf die Kanzlerin erhöhen: Unmittelbar vor dem Gipfel will der CSU-Chef den ungarischen Regierungschef in Budapest treffen. (mit AFP)

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