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Das Lageso in Berlin steht mit seinen langen Schlangen wartender Asylsuchender inzwischen als Synonym für verfehlte Flüchtlingspolitik vor Ort.

© Fabrizio Bensch/Reuters

Flüchtlingspolitik: Berlin verbessert Aufnahme der Flüchtlinge - CSU spricht von "Versagen"

Die CSU wirft der Hauptstadt politisches Versagen vor und beharrt auf einer "Wende in der Flüchtlingspolitik". Die Kritik richtet sich gegen die Umstände am Lageso und den Regierenden Bürgermeister.

Der Generalsekretär der CSU, Andreas Scheuer, hat dem Land Berlin und seinem Regierenden Bürgermeister im Umgang mit den Flüchtlingen „Politikversagen“ vorgeworfen. „Die langen Warteschlangen am Lageso zeigen, wie überfordert die Hauptstadt ist“, sagte Scheuer dem Tagesspiegel am Sonntag. In seinem Wahlkreis Passau seien an manchen Tagen 7000 bis 9000 Menschen angekommen, betonte der CSU-Politiker. „Berlin muss mit weniger Flüchtlingen klarkommen. Doch was Passau hinbekommt, schafft Berlin nicht. Für dieses Politikversagen ist der Regierende Bürgermeister verantwortlich.“

Müller schickt Beamte von der Post ins Lageso

Die Aufnahmestelle im Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) steht seit Monaten in der Kritik, weil sie den Flüchtlingsandrang kaum in den Griff bekommt. Auf Betreiben des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) werden jetzt ehemalige Postbeamte dorthin abgeordnet, die für Entlastung sorgen sollen, weil sie anders als etwa Zeitarbeitskräfte hoheitliche Aufgaben übernehmen und zum Beispiel Bescheide erstellen dürfen. Man erhofft sich von ihnen Hilfe bei der Digitalisierung von Akten.

Weitere Verbesserungen ab Januar: Gesundheitskarten für die Flüchtlinge und eine zweite Auszahlungsstelle. Berlin hat im vergangenen Jahr 79.272 Menschen aufgenommen, nachdem es zunächst von maximal 20.000 ausgegangen war. Rund ein Viertel ist minderjährig. Laut Senat liegt die Anerkennungsquote bei 40 Prozent. Von den 80.000 Menschen bleiben also mindestens 30.000 in Berlin und dürfen dann Familie nachholen. Rechne man konservativ mit drei Familienmitgliedern pro anerkanntem Flüchtling, so seien dies weitere 90.000 Menschen, sagte ein Sprecher der Sozialverwaltung. Insgesamt wurden in Deutschland im vergangenen Jahr fast 1,1 Millionen Flüchtlinge registriert.

CSU will 50 Prozent der Flüchtlinge abweisen: "Wir sind am Limit"

Generalsekretär Scheuer verteidigte die CSU-Forderung, Flüchtlingen ohne Pass künftig die Einreise nach Deutschland zu verweigern. Auf diese Weise könnten 50 Prozent der Flüchtlinge abgewiesen werden. Im Moment sehe „die Realität leider so aus, dass ein Teil der Flüchtlinge gültige Ausweispapiere und Meldezettel in die Dixi-Klos in der Erstaufnahme an der Grenze stopft – in der Hoffnung, bessere Bleibeperspektiven in Deutschland zu bekommen“. Deutschland müsse  die Kraft haben, den Zustrom auch mit nationalen Maßnahmen zu begrenzen. „Wir sind am Limit. Deshalb brauchen wir ja eine Wende in der Flüchtlingspolitik.“

CDU lehnt pauschale Verfahren ab

Unionsfraktionschef Volker Kauder erteilte dieser Forderung eine Absage. Dass Flüchtlinge ohne Pässe kämen, mache zwar „vielfach die Prüfung ihrer Asylbegehren schwieriger“, sagte der CDU-Politiker der „Bild“-Zeitung. Eine einfache Lösung für solche Fälle gebe es aber nicht, weil Flüchtlinge aus Bürgerkriegsgebieten „tatsächlich oft ihr ganzes Hab und Gut verloren haben“.

Von den Flüchtlingen verlangte CSU-General Scheuer einen Nachweis ihrer Integrationswilligkeit. Er erwarte, dass die Bundesregierung dieses Thema auf die Tagesordnung setze. „ Wer gegen die Integrationsvereinbarung verstößt, muss abgeschoben werden. Das müssen wir gesetzlich regeln.“ Die SPD müsse hier „mehr Realismus zeigen und ihren Widerstand aufgeben“.  Schließlich erwarte die Bevölkerung, „dass wir konsequent gegen Integrationsverweigerer vorgehen“.

Unterdessen sieht Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) auf absehbare Zeit kein Ende der Kontrollen an den deutschen Grenzen. Solange es keinen Schutz der Schengen-Außengrenzen in anderen EU-Staaten und eine Erfassung aller neuen Flüchtlinge gebe, könne man darauf nicht verzichten, sagte er.

Scheuer hat den Großeinsatz der Münchner Polizei in der Silvesternacht trotz der bislang fehlender Erkenntnisse über die angeblich geplanten Terroranschläge verteidigt. "In solchen Situationen kann man nicht überreagieren", sagte er dem Tagesspiegel. "Der Schutz unserer Bevölkerung geht vor. Das war immer Merkmal bayerischer Sicherheitspolitik." Scheuer warnte jedoch davor, die gegenwärtigen Probleme mit der Registrierung und Unterbringung von Flüchtlingen mit der Terrorgefahr zu vermengen. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die unübersichtlichen Flüchtlingsströme von Kriminellen und Terroristen genutzt werden können“, sagte der CSU-Politiker. „Die Terroristen wollen unsere offene westliche Gesellschaft angreifen und uns die Sicherheit nehmen. Dagegen müssen wir uns mit allen Mitteln zur Wehr setzen."

Lesen Sie das Interview mit dem CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer ab 19.30 Uhr im Tagesspiegel-E-Paper, in der Printausgabe des "Tagesspiegel am Sonntag" oder im digitalen Kiosk Blendle.

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