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Die Uhr tickt.

© IMAGO

Fluggastrechte: EU-Staaten können sich nicht einigen

Die EU-Staaten führen einen Grundsatzstreit über Entschädigung für Fluggäste, die zu spät ihr Ziel erreichen. Zwei Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber.

Die EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc verbarg ihre Enttäuschung nicht. Wieder saßen die Vertreter der 28 EU-Mitgliedstaaten Anfang des Monats bei einem Verkehrsministerrat in Luxemburg zusammen, und wieder gab es keine Einigung über eine Neuregelung der Fluggastrechte. „Ich bitte Sie dringend, die Meinungsverschiedenheiten zu überwinden und einen ausgewogenen Kompromiss zu finden“, appellierte die Slowenin an die Minister. Doch die haben inzwischen längst den Streit um Entschädigungen für Flugpassagiere, die ihr Ziel zu spät erreichen, zu einer Prinzipienfrage gemacht. Der Streit kreist um zwei Zahlen: drei oder fünf?

Zwei Lager unter den EU-Staaten blockieren sich gegenseitig

Bei der Kontroverse blockieren sich zwei Lager unter den EU-Staaten gegenseitig. Das verbraucherfreundliche Lager fordert, dass Flugpassagiere bereits nach einer Verspätung von drei Stunden Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich haben. Das Pro-Airline-Lager verlangt hingegen, dass die Fluggesellschaften erst dann zahlen, wenn der Flieger mindestens fünf Stunden zu spät landet. Deutschland ist laut EU-Diplomaten offen für beide Lösungen. Das liegt daran, dass es in Berlin innerhalb der Regierung unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, wie großzügig die Fluggesellschaften sein sollen: Im Haus des Justizministers Heiko Maas (SPD) setzt man sich für drei Stunden als niedrigsten Schwellenwert für eine Entschädigung ein, während das Ressort von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eher die Belange der Luftfahrtindustrie im Auge hat.

Nach der jetzigen Verordnung gibt es ab drei Stunden Verspätung Geld

Laut geltender EU-Fluggastrechteverordnung von 2004 haben Passagiere bei Verspätungen von mindestens drei Stunden Anspruch auf finanzielle Entschädigung. Auf Druck der Luftfahrtbranche legte der damalige EU-Verkehrskommissar Siim Kallas aber 2013 einen neuen Verordnungsentwurf vor, der bei reinen Verspätungen, die nicht durch Annullierung oder Überbuchung zustande kommen, erst nach fünf – statt drei – Stunden eine Entschädigung vorsieht. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) unterstützt dies: „Der Schwellenwert von fünf Stunden würde es den Fluggesellschaften realistisch ermöglichen, im Falle einer Verspätung eine Ersatzmaschine zu beschaffen“, heißt es beim BDL.

Der Text erschien in der "Agenda" vom 30. Juni 2015 - einer neuen Publikation des Tagesspiegels, die jeden Dienstag erscheint. Die aktuelle Ausgabe können Sie im E-Paper des Tagesspiegels lesen.

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