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Fluggäste warten am Düsseldorfer Flughafen vor einem Check-In-Schalter auf ihre Abfertigung (Archivfoto).

© Roland Weihrauch/dpa

Flugverkehr in der Krise: Es wird ein Chaos-Sommer mit Ansage

Für die Urlaubsmonate werden so viele Passagiere wie in den vergangenen Jahren erwartet, nur mit weniger Arbeitskräften. Wohin führt das? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Dennis Kazooba

Fast schon traditionell kommt mit dem Sommer das Chaos an den Flughäfen. Das System war schon vor Corona an seiner Leistungsgrenze. Nach dem katastrophalen Sommer 2018 versprachen Unternehmen und Politik Abhilfe – dann kam die Pandemie. Und mit ihr der Job-Kahlschlag bei Flughäfen und Airlines. Der ging wohl zu weit: Zehntausende verließen nicht nur ihr Unternehmen, sondern gleich die ganze Branche.

Zum Jobabbau gab es angesichts der massiven finanziellen Krise keine Alternative, sagen die Unternehmen. Doch ob dabei wirklich mit Umsicht gehandelt wurde, scheint fraglich.

Schon früh machte in der Branche das Bonmot die Runde, dass man „stärker aus der Krise rauskommen“ wolle als man hinein gegangen sei. Es folgten umfassende Programme zur Kostensenkung, vor allem beim Personal. Hinzu kam eine für die Luftfahrt ungewöhnliche, allzu pessimistische Schätzung der Nachfrage.

So groß war der Schock über die monatelange Einstellung fast jeglicher Geschäftstätigkeit, dass bis in den vergangenen Winter hinein branchenweit mit einer Erholung der Passagierzahlen auf Vor-Corona-Niveau frühestens ab 2024 gerechnet wurde.

Zumindest für die Sommermonate ist diese Prognose seit einigen Monaten Makulatur. Das bedeutet für die Flughäfen: Es kommen so viele Passagiere wie in vergangenen Chaos-Sommern, nur mit weniger Arbeitskräften.

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In Deutschland haben Lufthansa und Eurowings nun hunderte Flugstreichungen im Juli und August angekündigt. Früh genug, um Entschädigungszahlungen zu umgehen, kritisieren Verbraucherschützer.

Auf eine Umbuchung oder Erstattung des Flugpreises besteht jedoch Anspruch. Das dürfte kurz vor dem ersten Strandurlaub seit Jahren ein schwacher Trost sein. Weshalb man die touristischen Strecken im verkleinerten Flugplan bevorzuge, beteuert Eurowings.

Viele müssen mit Umbuchung rechnen

Für die meisten betroffenen Passagiere wird es ohnehin auf eine Umbuchung hinauslaufen, die veränderten Abflug- und Rückflugzeiten bringen ihre eigenen Schwierigkeiten mit sich. Teilweise wird auch der Umstieg auf andere Verkehrsträger nicht ausgeschlossen.

Das Problem sei vor allem die Personal-Misere an den Flughäfen, sagen die Airlines. Die Jobs im Terminal und auf dem Vorfeld sind auf einem leergefegten Arbeitsmarkt mit einer hohen Zugangsbarriere versehen: der Zuverlässigkeitsüberprüfung der Luftsicherheitsbehörden. Sie soll vor Kriminellen in der Abfertigung schützen, ist aber durch Verschärfungen und lange Bearbeitungszeiten zum übergroßen Hindernis geworden.

Die Bestimmungen sind streng: Lückenlose Lebensläufe und Führungszeugnisse aus Ländern, in denen man sich länger als sechs Monate aufgehalten hat, diskriminieren bei der Rekrutierung vor allem Migranten. Die sind aber der wichtigste Arbeitskräfte-Pool für die kräftezehrenden und oft karg bezahlten Vorfeldjobs, für die derzeit rund 20 Prozent zu wenig Personal bereitsteht. Hier könnte die Politik durch realitätsnähere Regelungen zügig Abhilfe schaffen.

Für diesen Sommer wird es aber nicht mehr reichen. Ob gebuchte Fluggäste in nennenswerter Zahl ihre Reise nicht antreten können, bleibt abzuwarten. Wahrscheinlicher ist, dass die Nachfrage bedient werden kann, nur schlicht mit weniger Flügen. Das wäre aus Klimasicht ja auch eine interessante Lehre aus den vergangenen Chaos-Sommern.

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