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Politik: Flugzeugabsturz: Die Opfer sind Israelis aus Russland

Tiefe Trauer und Bestürzung herrscht bei den in Israel lebenden Exil-Russen: Die meisten der Passagiere des am Donnerstagnachmittag über dem Schwarzen Meer abgestürzten Flugzeugs stammten offenbar aus ihrer Gemeinde. Über eine Million russischstämmige Menschen leben im jüdischen Staat.

Tiefe Trauer und Bestürzung herrscht bei den in Israel lebenden Exil-Russen: Die meisten der Passagiere des am Donnerstagnachmittag über dem Schwarzen Meer abgestürzten Flugzeugs stammten offenbar aus ihrer Gemeinde. Über eine Million russischstämmige Menschen leben im jüdischen Staat. Es ist nicht das erste Mal, dass sie nach einem tragischen Unglück ihre Toten zählen: Auch bei dem verheerenden Selbstmordanschlag auf eine Diskothek in Tel Aviv im Juni diesen Jahres waren die meisten der 21 jugendlichen Opfer russischstämmig.

Die meisten Russen und Ukrainer strömten seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1989 nach Israel. Eine wachsende Zahl von ihnen wanderte nicht aus religiösen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen ein. Damit erklärt sich auch, dass viele der Neu-Israelis nicht dem jüdischen Glauben anhängen. Das unterscheidet sie grundlegend von den Einwanderern der 70er Jahre, die wegen der Verfolgung des jüdischen Glaubens aus Russland flohen. Auch Deutschland zählt viele russische Einwanderer. Aber in einem Staat von 80 Millionen Menschen fallen sie nicht so ins Gewicht wie in Israel mit seinen nur rund 6,2 Millionen Bürgern.

Die Exil-Russen haben das Gesicht der israelischen Gesellschaft in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Nach Juden und Arabern bilden sie die größte Bevölkerungsgruppe. Obwohl nur Hebräisch und Arabisch offizielle Sprachen sind, herrscht in vielen Städten mittlerweile das Russische vor. Zahlreiche Geschäfte in Tel Aviv wie auch in den Küstenstädten Aschdod und Aschkelon tragen russische Namen.

Auch in der politischen Landschaft Israels kommt niemand mehr um die Exil-Russen herum. Mit Infrastrukturminister Avigdor Lieberman und Bauminister Nathan Scharanski stellen sie zwei Kabinettsmitglieder und ein Fünftel der Wählerschaft. Bei der Ministerpräsidenten-Wahl im Februar umwarb der heutige Regierungschef Ariel Scharon die Minderheit, indem er in Fernsehspots Russisch sprach.

Die meisten der Exil-Russen sind politisch sehr konservativ ausgerichtet. Mehr als noch für andere Israelis hat die persönliche Sicherheit für sie eine hohe Priorität. Gerade nach den Terroranschlägen in den USA ist der Absturz der Tupolew 154 für sie mehr als nur eine Tragödie.

Die Chartermaschine der Fluggesellschaft Sibir stürzte etwa 185 Kilometer vor der russischen Schwarzmeerstadt Adler ab. Bis zum Abend wurden mehrere Leichen geborgen, auch Teile des Wracks wurden sichergestellt. Der Pilot eines armenischen Flugzeugs berichtete den russischen Luftverkehrsbehörden, die Maschine vom Typ Tupolew 154 sei in der Luft explodiert, wie der stellvertretende Verkehrsminister Karl Ruppel mitteilte.

Pilot Garik Owanisian sagte, er sei in 6300 Meter Höhe über dem Schwarzen Meer geflogen, als er die Explosion in 11 000 Metern Höhe gesehen habe. Daraufhin sei das Flugzeug ins Meer gestürzt, und es habe eine zweite Explosion gegeben.

Ein Mitarbeiter des Küstenfunkdienstes in der rumänischen Stadt Constanta erklärte, er habe einen Notruf vom Schwarzen Meer empfangen. Nach dem "Mayday"-Ruf habe er russische Gesprächsfetzen gehört. Nach offiziellen rumänischen Angaben nehmen rumänische und französische Piloten in der Region Constanta an einem Luftmanöver teil. Dazu zählt offenbar auch das Abfeuern von Luft-Boden-Raketen.

Bei den Raketen handelt es sich nach Angaben aus amerikanischen Militärkreisen wahrscheinlich um russische S-200, die von einem Radarsystem in ihr Ziel gelenkt werden. In der Nato wird die Rakete als SA-5 "Gammon" bezeichnet. Sie fliegt schneller als mit dreifacher Schallgeschwindigkeit, hat eine Reichweite von 246 Kilometern und kann Ziele noch in 30 000 Meter Höhe treffen.

Christian Chaise

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