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Foltervorwürfe: UN will internationale Untersuchung

Die UN-Menschenrechtshochkommissarin Louise Arbour hat eine internationale Untersuchung der jüngsten Vorwürfe von Folter in einem irakischen Gefängnis gefordert. Auch die EU ist beunruhigt über die Foltervorwürfe.

Genf/Amman/Brüssel - Angesichts steigender Häftlingszahlen und eines möglichen Vertrauensverlusts sollte die Regierung in Bagdad eine internationale Untersuchung erwägen, sagte Arbour am Freitag in Genf. Der Vorsitzende des sunnitischen Rates der Religionsgelehrten, Scheich Harith al-Dhari, kündigte an, er wolle die Zustände in geheimen Gefängnissen des irakischen Innenministeriums bei einer «Versöhnungskonferenz» der Arabischen Liga an diesem Wochenende in Kairo thematisieren.

Am Sonntag hatten US-Soldaten 173 Gefangene in einem Keller eines Gebäudes des Innenministeriums in Bagdad entdeckt, von denen viele deutliche Folterspuren aufwiesen und unterernährt waren. Die Übergangsregierung in Bagdad hatte daraufhin Aufklärung und die Bestrafung von Tätern versprochen. Auch die Europäische Union (EU) zeigte sich zutiefst beunruhigt über die Foltervorwürfe. Die britische Präsidentschaft des EU-Ministerrats forderte zudem, die Regierung in Bagdad müsse sicherstellen, dass sich «solche Vorkommnisse nicht auch in anderen Hafteinrichtungen ereignen».

Der Chef des Sunniten-Rates, Al-Dhari, sagte der dpa in Amman: »Wir gehen auch deshalb nach Kairo, weil wir auf diese Zustände in den geheimen Gefängnissen des irakischen Innenministeriums aufmerksam machen wollen». Im Gepäck habe er grausige Fotos von getöteten Irakern, die von Folterern des Innenministeriums misshandelt worden sein sollen. Bei der Konferenz in Kairo sollen alle politischen Gruppen an einen Tisch gebracht werden, um sie in den polititischen Prozess im Irak einzubinden.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Tom Koenigs, machte die US-Truppen für den Folterskandal mitverantwortlich «Man hätte mehr tun müssen, um die Folterungen durch geeignete Personalauswahl in der irakischen Regierung im Vorfeld zu verhindern», sagte Koenigs der «Netzeitung».

In Zusammenhang mit Foltervorwürfen gegen die USA bezeichnete derweil der ehemalige Direktor des US-Geheimdienstes CIA Admiral Stansfield Turner Vizepräsident Dick Cheney als «Vizepräsident für Folter». Der Vizepräsident beaufsichtige die Foltermethoden, die bei Terrorverdächtigen angewendet würden und beschädige damit das Ansehen der USA. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld verteidigte dagegen die Behandlung von Häftlingen im Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba als «hervorragend». Die Situation werde «buchstäblich von Hunderten von Journalisten, Mitgliedern des amerikanischen Parlaments sowie dem Internationalen Roten Kreuz beobachtet», sagte er.

Ein Sprecher der UN-Menschenrechtskommissarin teilte darweil mit, Experten der Kommission würden nicht nach Guantánamo reisen. Die US-Behörden verweigerten Gespräche mit Gefangenen. Amnesty International forderte, uneingeschränkten Zutritt zu dem Lager auf Kuba. «Guantánamo ist nur die sichtbare Spitze eines Eisbergs von Misshandlungen, das berüchtigte Glied in einer Kette von Gefangenenlagern, die den US-Luftwaffenstützpunkt Bagram (Afghanistan), Gefängnisse im Irak und geheime Einrichtungen sonst wo verbindet», sagte AI-Generalsekretärin Irene Khan in London. (tso/dpa)

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