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Die zwei geklonten Affen Hua Hua und Zhong Zhong werden in einem Labor in Suzhou untersucht.

© dpa

Fortschritt in der Wissenschaft: Bloß keine neue Klon-Hysterie

Chinesische Forscher verkünden das Klonen zweier Java-Äffchen. Doch auch das bedeutet nicht, dass das Klonen von Menschen unmittelbar bevorsteht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Sascha Karberg

Als vor mehr als 20 Jahren die Nachricht vom Schaf „Dolly“, dem ersten Klon eines Säugetiers, um die Welt ging, war die Aufregung groß. Selbsternannte und institutionalisierte Bedenkenträger nahmen sogleich den nächsten, scheinbar auf der Hand liegenden Fortschritt vorweg und verkündeten, das Klonen von Menschen stehe bevor.

Allein, es blieb aus. Nicht einmal das „Therapeutische Klonen“, die abgespeckte und ethisch für manch einen gerade eben akzeptable Form des Klonens, hat sich bis heute etabliert. Kein einziger Patient ist je mit einem Ersatzorgan aus der Retorte beglückt worden, das sein eigenes Erbgut trägt. Nie wurde das Erbgut aus den Zellen eines Patienten in eine entkernte Eizelle gespritzt, um daraus einen Klonembryo und Stammzellen für die Zucht solcher Ersatzorgane zu gewinnen.

Bestenfalls Gruselstoff für Literaten

Wenn nun chinesische Forscher im Fachblatt „Cell“ das Klonen von zwei Java-Äffchen verkünden, dann sollte man sich dieser kläglichen Hysterie-Historie bewusst sein. Ja, Macaca fascicularis gehört zu den Primaten und ist dem Homo sapiens damit näher als alle anderen 23 Säugetierarten, die Forscher bislang geklont haben. Aber nein, das bedeutet nicht, dass nun – oder nun aber wirklich – das Klonen von Menschen unmittelbar bevorsteht.

„Wenn jemand ernsthaft das Interesse hätte, Menschen zu klonen, dann wäre es längst passiert“, sagt der Münchener Klonforscher Eckhard Wolf. Und im übrigen gebe es auch gar keinen vernünftigen Grund, Menschen zu klonen. Eine Kopie von sich selbst für den Fall einer nötigen Organspende bereitzuhalten – das ist bestenfalls Gruselstoff für Literaten. Realistisch ist es nicht. Eine Logistik, die das „Ernten“ der Eizellen aus den Eierstöcken freiwilliger Spenderinnen zuwege brächte, gibt es nicht. Und pro Klon werden Hunderte Eizellen verbraucht.

Vernunft ist allerdings nicht die einzige Triebfeder für menschliches Handeln. Narzissmus, Egoismus oder auch die pure zweckfreie Neugier, ob das Klonen von Menschen denn nun machbar ist, dürften so manchem als Grund genügen. Belege dafür gibt es: Zwischen 2001 und 2003 haben Paare dem österreichischen Klonforscher Karl Illmensee tatsächlich die nötigen Zellen zur Verfügung gestellt, damit er Klonexperimente durchführen konnte. Später äußerte sich Illmensee erleichtert darüber, dass er scheiterte.

Ein klares Verbot des Menschenklonen wäre auch ein Statement

Verbote werden derartiges nie gänzlich verhindern können. Doch eine klare Ächtung des Menschenklonens, wie sie die Völkergemeinschaft trotz all der Diskussionen seit Dolly nie verabschiedet hat, würde es Forschern wie Illmensee erschweren, die für das Klonen nötige Infrastruktur und Logistik aufzubauen. Ein klares Verbot des Menschenklonen wäre auch ein Statement: Dass es eben nicht die Gene sind, die den Menschen ausmachen, sondern dass das Erbgut lediglich das biologische Skelett des Homo sapiens ist. Persönlichkeit, Charakter, Willensstärke und alles andere, was einen Menschen liebenswert und einzigartig macht, ist zum allergrößten Teil dem zu verdanken, was gelernt wird, was Eltern und Freunde, was die Gesellschaft und nicht zuletzt, was man selbst aus sich macht. Diese Essenz lässt sich nicht klonen.

Braucht es die Klontechnik dann überhaupt noch? Gehörte sie besser samt und sonders verboten? Nein. Das Klonen von Pflanzen oder Tieren ist ein wichtiges Werkzeug in der Forschung. Es stellt genetisch identische Organismen her, damit die Wirkung einer Genveränderung oder eines Medikaments erkennbar wird. Und nicht zu vergessen: Obwohl es nie zu einer Anwendung des Klonens am Menschen kam und wohl nie kommen wird, hat erst das Experimentieren mit dieser Technik dazu geführt, dass Forscher wie der Japaner Shinya Yamanaka erahnen konnten, dass sich ausgereifte Körperzellen in Stammzellen verwandeln lassen. Erst die Klonforschung hat gezeigt, dass dieses „Reprogrammieren“, das Verjüngen von Zellen möglich ist. Yamanka bekam dafür den Nobelpreis. Und von dieser Technik werden auch Patienten irgendwann profitieren.

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