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Politik: Fragen an Radio Ingolstadt

Die politische Zukunft von CSU-Vize Horst Seehofer ist ungewiss – sogar in der eigenen Partei wäre mancher froh, wenn er ginge

Von Robert Birnbaum

Berlin/München - Es wird viel telefoniert: Wegen Horst Seehofer und mit Horst Seehofer, und Horst Seehofer telefoniert auch. Zum Beispiel mit dem „Donaukurier“. Der CSU-Vize hat dem Gesundheitskompromiss von CDU und CSU bisher nicht zugestimmt. Und er will es auch künftig nicht tun. „Der Kompromiss ist so schlecht, dass niemand von mir verlangen kann, dass ich ihn mittrage“, hat er am Dienstag seiner Ingolstädter Heimatzeitung mitgeteilt. Folgerichtig gibt Horst Seehofer seine Ämter ab? Gemach. Er wolle ja, andererseits, „die Leute nicht vor den Kopf stoßen, die auf mich setzen“. Bis Freitag, wenn der CSU-Parteitag anfängt, wolle er sich entscheiden.

So oder so wird der Parteitag für die CSU-Oberen also wenig lustig. Die Christlich-Soziale Arbeitnehmerschaft (CSA) ist ihrem Chef schon massiv zur Seite gesprungen und hat die Unionseinigung als „Zertrümmerung“ der Solidarität gegeisselt. Wenn Seehofer in Amt und Würden bleibt und beim Parteitag ähnliche Töne anschlägt, kommt sein Parteichef Edmund Stoiber in eine arge Zwickmühle. Der klang schon am Montag nach einem Vier-Augen-Gespräch mit seinem störrischen Stellvertreter genervt. „Ich glaube nicht, dass eine hervorragende Sache allein von Personen abhängt“, hatte Stoiber angemerkt. Auch andere CSU-Größen lassen erkennen, dass sie nicht gewillt sind, den mühsam wiederhergestellten Geschwisterfrieden zwischen CDU und CSU einem Seehoferschen Prinzipialismus zu opfern.

Landtagspräsident Alois Glück etwa hat einen eventuellen Rücktritt des Sozialexperten als herben Verlust eingestuft, aber hinzugefügt, die CSU sei „personell stark genug“. Staatskanzleichef Erwin Huber suchte am Dienstag der Legendenbildung vorzubeugen. Seehofer sei in alle internen Gespräche über den Kompromiss bis zuletzt eng eingebunden gewesen: „Es ist nicht so, dass Seehofer nun einfach konfrontiert worden wäre mit einem Konzept, das er nicht kannte.“

Andererseits lässt sich schwer leugnen, dass in der Union niemand inhaltlich Seehofers altem Mentor Norbert Blüm widersprechen würde: „Das ist nicht Fisch, nicht Fleisch, das ist Murks!“ Jeder weiß, dass es sich um einen Kompromiss nicht aus Überzeugung, sondern aus Parteiräson handelt. Um so wichtiger, dass alle sich dieser speziellen Sorte Vernunft beugen. Aus der großen Schwesterpartei CDU dringt – aus eben dieser Parteiräson – am Dienstag fast kein lautes Wort in Richtung Ingolstadt. Nur Präsidiumsmitglied Hildegard Müller erinnert daran, dass die CDU von allen erwarte, dass sie sich hinter den Kompromiss stellten – „auch von Seehofer“. Müller spielt damit auf die Beschlusslage im CDU-Präsidium am Sonntagabend an: Wir stimmen zu, so der Tenor, wenn die CSU Ruhe gibt.

Wie brüchig dieser Konsens ist, macht aber auch ein CDU-Mann deutlich: Peter Rauen, Chef der Mittelstandsvereinigung, hat für den CDU-Parteitag Anfang Dezember in Düsseldorf einen Antrag eingereicht, dass die CDU auf ihrem vor einem Jahr in Leipzig verabschiedeten Kopfpauschalen-Modell zur Gesundheitsreform bestehe. Der Antrag ist am Dienstag in der Antragskommission unter Leitung von Generalsekretär Laurenz Meyer behandelt worden. Ergebnis: Er wird an den Bundesvorstand überwiesen. Das entspricht geschäftsordnungstechnisch einer Beerdigung erster Klasse.

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