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Fraktionsklausur in Rheinsberg: Berliner Linke wollen Themen besetzen

Der Mindestlohn ist durch, die Linke wird dazu - obwohl sie ihn jahrelang gefordert hat - kaum befragt. Das zeigt, dass sie dringend neue Felder suchen muss,.

Die Berliner Linke will in die Offensive. Dazu braucht sie Themen, mit denen sich die Politkonkurrenz vorerst nicht schmücken wird. SPD und Grüne haben den Mindestlohn längst für sich entdeckt – dass die Linke ihn zuerst forderte, wurde in der Öffentlichkeit vergessen. Harald Wolf, einst Wirtschaftssenator unter Rot-Rot, nun Elder Statesman der Linken im Abgeordnetenhaus, hat ein Sprachbild für jenes Thema gefunden, das seine Partei nun anpacken will: „Wenn man durch Berlin fährt, merkt man beim ersten Schlagloch, wie marode die Straßen sind – die Berliner müssen wissen, dass auch die Verwaltung bald voller Schlaglöcher ist.“ Wenn es so weitergehe, werde der Staat nicht mehr funktionieren. Und so sprachen die Linken-Abgeordneten auf ihrer Fraktionsklausur in Rheinsberg über die Notwendigkeit einer Kampagne für einen Öffentlichen Dienst, der sich „an den Bedürfnissen der Berliner“ orientiere. Wie berichtet, wird bis 2020 ein Drittel aller Beschäftigten in Bezirksämtern und Senatsverwaltungen in Rente gehen. Schon heute gibt es bundesweit einmalige Wartezeiten. Während Konzerne gar mit Bannern in Fußball-Stadien um Schulabgänger werben, passiere bei der Verwaltung wenig. „Ich lese nirgends: ,Wir suchen motivierte Bewerber - ihr Land Berlin!‘“, sagte Linken-Haushaltsexpertin Manuela Schmidt. Sie fordert, ein Prozent der Landesausgaben – etwa 200 Millionen Euro pro Jahr – in die Ausbildung der Beschäftigten zu investieren. Nach Rheinsberg waren auch Doro Zinke, Berliner Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), und Susanne Stumpenhusen, Landesvorsitzende der wichtigen Einzelgewerkschaft Verdi, gekommen. Als die Linke noch mit der SPD regierte, war das Verhältnis zu den Arbeitnehmerverbänden angespannt. Der rote-rote Senat hatte Stellen gestrichen, von denen die Linke nun sagt, sie würden fehlen. Doch die Partei braucht Allianzen, im Abgeordnetenhaus sieht es mager aus. Die in drei Fraktionen zersplitterte Opposition verpulvere ihre Kraft, befand Ex-Senator Wolf. Immerhin, Zinke und Stumpenhusen nickten. Einig ist man sich in der Kritik am Senat. Die SPD habe bloß vage Ideen, die CDU sei völlig passiv, beide hätten nur die Sparvorgaben von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) im Blick. Mit den geplanten Streichungen von 1400 Stellen in den Bezirken wolle die SPD eine „Privatisierung unter der Wahrnehmungsschwelle“, denn die lokalen Aufgaben fielen dann an private Träger. Eine demokratische Debatte darüber finde kaum statt, sagte DGB-Chefin Zinke, vielmehr herrschten Technokraten: „Nach dem Motto: Der Finanzsenator weiß schon, was gut für die Stadt ist.“

Gelegentlich merkten die Abgeordneten, dass sie sich in Rheinsberg im Detail zu verlieren drohten. Dann ermahnte Landeschef Klaus Lederer seine Parteifreunde, die Diskussionspapiere müssten für die Berliner noch „in eine klare Sprache übersetzt“ werden. Was ihn nicht davon abhielt, selbst von „endogenen Potenzialen“ in der Region zu sprechen. Einen Übersetzungsschritt will man nun wagen, die Hauptstadt soll eine „Schlagloch-Debatte“ bekommen.

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