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Der Fußball-Bundesligaspieler Franck Ribery vom FC Bayern München steht neben seinem neuen Dienstwagen.

© Peter Kneffel / dpa

Franck Ribéry: Narziss hat Gold im Mund

Eine kleine Kulturgeschichte darüber, wie ein mit Blattgold verziertes Steak für Bayern-Star Franck Ribéry unappetitliche Folgen hat. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Caroline Fetscher

Angeblich stammte der Spruch von Ureinwohnern Amerikas. Greenpeace nutzte ihn als Kritik am skrupellosen Profitprinzip: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“ Als indianische Weisheit war das so erfunden wie zeitlos wahr. Als sich der mythische König Midas wünschte, dass alles zu Gold würde, was er berührt, wurde auch alles Essen und Trinken zu Gold. Midas musste den Wunsch zurücknehmen, um nicht zu verhungern. Gier ist zerstörerisch, das ist gewiss.

Diese Einsicht scheint Franck Ribéry in den Augen der empörten Öffentlichkeit verspottet zu haben: Er hat sich eine Speise vergolden lassen und sie verzehrt. Monsieur Ribéry ist ein französischer Fußballstar Mitte dreißig, der für den Starverein Bayern München spielt und einen Lamborghini fährt. Im Emirat Dubai ließ er sich ein Steak servieren, das mit Blattgold überzogen war. Reich wie ein Scheich! So inszenierte sich der Sportmillionär und schickte über Twitter ein Video davon an die übrige Welt.

Dann aber wurde er für seine Prasserei beschimpft, moralisch und sozial sei diese Demonstration von Luxus und Prasserei ein Affront. Aufgebracht ließ der Geschmähte die Gemeinde wissen: „Ich schulde euch nichts, mein Erfolg kommt vor allem dank Gott.“ Er rechnete mit den Neidern und Hassern ab. „F… eure Mütter, eure Großmütter“, schrieb er, „und euren gesamten Stammbaum“, eine Tirade, die schillernd changiert zwischen Zuhälteridiom und dem archaischen Fluch bis ins letzte Glied. So löste der Sportheld erst recht eine Eskalation der Empörung aus – maßlos schien nun nicht nur seine Mahlzeit, sondern war de facto auch sein aggressiver Dünkel.

An sich hatte der Mann getan, was Millionen tun, die Fotos von Speisen oder Luxusartikeln auf Twitter oder Instagram teilen, damit andere darüber staunen. Auch ist Blattgold schon für wenig Geld zu haben, etwa auf Pralinen. Und wo repräsentativ diniert wird, zahlen Gäste zuweilen Tausende Euro, oft verdankt sich solcher Luxus weitaus weniger redlichen Quellen als hoch trainierter Sportarbeit. Was hier den Skandal entfachte, war der Verdacht auf eine schamlose Demonstration obszönen Reichtums, die protzende Angeberei – und der herablassende Hochmut, der folgte.

Öffentliche Verehrung kombiniert mit Reichtum kann zu psychischen Metamorphosen führen, denen die Individuen selbst ausgeliefert scheinen. Während eine Flut von Fotos und Videos die Stars in allen Lebenslagen zeigen, werden Kunstfiguren fabriziert, die jeder zu kennen glaubt. Massenhaft medial gespiegelt laufen vor allem ich-schwache Zeitgenossen Gefahr, sich mit ebender idealisierten Figur zu verwechseln, zu der sie erklärt wurden.

Narzisstischer Genuss entsteht, wenn das Bild überhöht, narzisstischer Zorn, wenn es angegriffen wird. Wer seinen Fans demonstriert, wie er sich den eigenen, vergoldeten Erfolg einverleibt, gibt zu deutlich preis, dass er auf das Imago hereinfällt, das von ihm gemacht wurde – und dass er es braucht.

Diese Dynamik entzaubert.

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