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Wenn in Frankreich telefoniert wird, ist auch der Auslandsgeheimdienst DGSE dabei.

© AFP

Frankreich: "Big Brother" ist dabei: Auslandsgeheimdienst DGSE sammelt Verbindungsdaten

Die USA und Großbritannien sind nicht die einzigen Länder, deren Geheimdienste systematisch die Kommunikation von Bürgern überwachen. Wie der französische Auslandsgeheimdienst DGSE vorgeht, enthüllte am Donnerstag die Zeitung „Le Monde“.

Nach den Angaben der Zeitung "Le Monde" verfügt der französische Auslandsgeheimdienst DGSE  über ein Überwachungssystem, das nach dem britischen Programm „Tempora“ das umfangreichste in Europa ist. Anders als beim US-Programm „Prism“ gebe es bei den Überwachungsmaßnahmen des französischen Geheimdienstes keine rechtliche Grundlage, berichtete das Blatt weiter.

Den Angaben zufolge verfügt der DGSE über ein Überwachungssystem, mit dem systematisch die Verbindungsdaten bei e-mails, Internetdiensten wie Facebook, SMS und Telefongesprächen innerhalb Frankreichs und zwischen Frankreich und dem Ausland gespeichert würden. Die sogenannten Metadaten geben keine Auskunft über den Inhalt der Kommunikation, sondern darüber, wer mit wem wann in Verbindung gestanden hat. Die Zeitung beruft sich in ihrem Bericht auf einen Geheimdienstmitarbeiter und auf einen Abgeordneten. Wie es darin weiter heißt, werden Milliarden von erfassten Verbindungsdaten  im Hauptquartier des 1982 gegründeten Auslandsgeheimdienstes in Paris gespeichert. Zu den Daten, die im Zuge der Terrorbekämpfung gespeichert würden, hätten neben dem DGSE noch weitere französische Behörden wie der Inlandsgeheimdienst DCRI Zugriff.

Vertreter des DGSE waren zunächst nicht zu erreichen. “Le Monde“ zufolge widersprachen die Nationale Sicherheitskommission sowie der für die Geheimdienste zuständige Parlamentsausschuss der Darstellung. Die gesetzlichen Vorschriften würden eingehalten, erklärten sie demnach.

Trotz des Abhörskandals rund um den US-Geheimdienst NSA wollen die Europäer unterdessen am Start für die Freihandelsverhandlungen mit den USA festhalten - wenn die US-Geheimdienstaktivitäten zur gleichen Zeit aufgeklärt werden. Auf den Kompromiss einigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und Frankreichs Staatschef François Hollande am Mittwoch in Berlin, wie Barroso am Abend bekanntgab. Washington hatte zuvor eingewilligt, eine gemeinsame Gruppe aus US- und europäischen Experten zur Aufklärung der „Prism"-Aktivitäten zu gründen.

Frankreich pochte zunächst auf eine Verschiebung des für nächsten Montag vereinbarten Verhandlungsstarts für das geplante Freihandelsabkommen. Eine Regierungssprecherin in Paris sagte am Mittwoch, die Gespräche müssten „vorübergehend ausgesetzt“ werden. Am Abend lenkte Hollande ein. Er sprach von einem Kompromiss, der „richtig“ sei. Es könne aber nicht sein, dass die Verhandlungen eingeläutet würden, wenn nicht „zum selben Zeitpunkt“ die US-Geheimdienstaktivitäten und die Verwendung personenbezogener Daten durch die USA überprüft würden. Nach dem Bekanntwerden des Skandals hatte Hollande am Montag zunächst mit einer Blockade der Verhandlungen gedroht.

Fraglich blieb zunächst, ob die Bildung der Expertengruppe auch von US-Seite so schnell erfolgen kann, dass sie tatsächlich am Montag ihre Arbeit aufnimmt. „Ich gehe davon aus, dass eine solche Parallelität erreichbar ist“, sagte Merkel auf der gemeinsamen Pressekonferenz. Barroso rechtfertigte das Festhalten am zügigen Verhandlungsstart mit den großen Vorteilen, die das Abkommen für beide Seiten bringe. Wenn die US-Seite die Expertengruppe nicht rechtzeitig bilden könne, werde sich der Start der Gespräche über die Freihandelszone entsprechend verzögern, erklärten Hollandes Berater. "Vielleicht geht es auf US-Seite sehr schnell, weil es dort ja auch Interessen gibt", hieß es weiter. (mit AFP/rtr)

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