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Emmanuel Macron (links), Präsident von Frankreich, und sein Innenminister Gerard Collomb.

© Francois Guillot/Pool/AFP

Frankreich: Ein weiterer Rücktritt verschärft Macrons Krise

Vor einem Monat ging der Umweltminister, jetzt folgt Gérard Collomb, Chef des Innenministeriums. Für den französischen Präsidenten ist die Lage schwierig.

Schon wieder gibt es in Frankreich Ärger für Präsident Emmanuel Macron: Er verliert ein weiteres Schwergewicht seiner Regierung. Innenminister Gérard Collomb, der für seine strikte Asylpolitik kritisiert wurde, will zurücktreten. Erst verweigerte ihm der Präsident den Ausstieg. Doch als dieser darauf beharrte, ließ er den 71-Jährigen doch ziehen. Collomb wird sein altes Amt als Bürgermeister von Lyon wieder übernehmen. Bis zur Übernahme der Innenpolitik füllte er die Stelle 16 Jahre lang aus. Für Macron ist der Rücktritt der Nummer zwei der Regierung ein weiterer Rückschlag. Wenig glaubhaft klingt es deshalb wenn der Präsident versichert, es gebe „keine politische Krise“.

Er will sich für ein Bürgermeisteramt bewerben

Schon vor einiger Zeit hatte Collomb erklärt, dass er im Mai 2019 nicht mehr Innenminister sein wolle, um sich 2020 für das Bürgermeisteramt von Lyon neu zu bewerben. Oppositionspolitiker hatten daraufhin gefordert, er solle sofort zurücktreten – einen Minister auf dem Absprung könne niemand gebrauchen. Das ist aber nicht alles: Der frühere Sozialist Collomb, der zur engen Riege der Vertrauten von Macron gehörte und diesen schon sehr früh unterstützt hatte, war mit dessen Politik schon längst nicht mehr zufrieden. Er hatte ihm und seiner Regierung einen „Mangel an Bescheidenheit“ vorgeworfen.

Bis ein Nachfolger gefunden ist, übernimmt das Amt zunächst Premierminister Édouard Philippe. Aber auch der könnte Macron irgendwann verlassen. Es wurde schon spekuliert, dass dieser das Bürgermeisteramt von Paris 2020 anstreben könnte. Doch Philippe erklärte, er schließe nicht aus, wieder ins nordfranzösische Le Havre zurückzukehren, wo er Bürgermeister war. Wundern würde es nicht, denn seine Schwäche als Premierminister wird in französischen Medien immer wieder angeprangert. Neben Macron tritt er kaum in Erscheinung.

Macrons Umfragewerte sinken ständig

Der Ausstieg von Collomb schwächt Macron weiter, dessen Umfragewerte ständig sinken. Vor einem Monat war Umweltminister Nicolas Hulot zurückgetreten, weil er nicht daran glaubte, seine Ziele unter Macron zu erreichen. Die Opposition reagiert heftig auf den weiteren Rücktritt. Sozialistenchef Olivier Faure spricht von „einem nie da gewesenen Kasperletheater“. Bruno Retailleau, Fraktionschef der Republikaner im Senat, sagte: „Das ist extrem gravierend zu dem Zeitpunkt, zu dem Frankreich vom Terrorismus bedroht wird.“

Seit im Sommer die Affäre um seinen früheren Sicherheitsbeamten Alexandre Benalla für Empörung sorgte, dauert die Krise um Macron an. Der prügelnde Leibwächter wirkte sich auch negativ auf das Image von Collomb aus. Dieser hatte die Verantwortung für die Affäre von sich gewiesen und auf den Élysée-Palast und den Polizeipräfekten geschoben.

Collomb hielt ihm innenpolitisch den Rücken frei

Der Verlust von Collomb ist für Macron auch deshalb schmerzlich, weil dieser ihm in Fragen der Innenpolitik den Rücken freigehalten hatte. Collomb boxte Gesetze zur Asyl- und Flüchtlingspolitik durch, er vertrat Macrons Linie, illegale Migranten bereits an der Grenze zurückzuweisen. Die Frist für die Inhaftierung von illegalen Zuwanderern wurde verlängert. In den Reihen von Macrons Bewegung LREM waren allerdings auch einige gegen diese harte Politik. Die Personalie des Nachfolgers wird deshalb auch Aufschluss über Macrons zukünftige Immigrationspolitik geben.

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