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Merkel lässt nicht mit sich verhandeln.

© dapd

Frankreich: Hollandes Wachstumsprogramm

Es knirscht zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Francois Hollande, dem möglichen künftigen Präsidenten Frankreichs. Zwischen den beiden zeichnet sich für den Fall eines Sieges des Sozialisten ein Kräftemessen um den Fiskalpakt ab. Wird wirklich eisern gespart?

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Die Reaktion aus Paris kam postwendend. Kaum hatte sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag in einem Interview gegen die Europa-Politik des sozialistischen Präsidentschaftskandidaten gestellt, konterte François Hollande die Attacke noch am selben Abend. Im französischen Fernsehen appellierte der Favorit der Stichwahl gegen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy an den Nationalstolz seiner Landsleute: „Es ist nicht Deutschland, das für ganz Europa entscheiden wird“, sagte er zur Absage der Kanzlerin an eine Neuverhandlung des europäischen Fiskalpakts.

Merkel hatte zwar schon nach dem ersten Wahlgang erklären lassen, dass sie weiterhin Sarkozy unterstütze. Doch zehn Tage vor der Stichwahl provoziert ihre Absage an eine Neuverhandlung des Fiskalpakts die Linke in Frankreich. Auch der ausgeschiedene Spitzenkandidat der Linksfront, Jean-Luc Mélenchon, der in der Stichwahl nun Hollande unterstützt, rief dazu auf, die „Achse Merkel-Sarkozy“ zu brechen.

Zwar betonte Merkel in dem Interview, in der Stichwahl stünden sich zwei proeuropäische Kandidaten gegenüber. Doch durch Hollande sieht sie den von Deutschland in monatelangem Ringen durchgesetzten Fiskalpakt und damit auch ihre eigene Führungsrolle in Europa gefährdet. Das Abkommen ist zwar von 25 EU-Ländern unterschrieben worden, muss aber von vielen Parlamenten noch bestätigt werden.

Regierungssprecher Steffen Seibert bestritt am Freitag, dass sich Merkel in den Wahlkampf im Nachbarland eingemischt habe. Die Kanzlerin habe nur „den Sachstand referiert“, sagte er. Die Sozialdemokraten sehen das ganz anders. Die „wiederholten Einmischungen und Belehrungen“ Merkels gegenüber Hollande seien „weder angemessen noch klug“, kritisierte Außenpolitiker Rolf Mützenich. Statt „zusätzliche Hürden für weitere Gespräche über die europäische Finanzkrise“ zu errichten, müsse sie sich endlich zurückhalten.

Ähnlich wie Hollande trommelt die SPD seit Wochen massiv für ein europäisches Wachstumspaket. Parteichef Sigmar Gabriel nahm den französischen Genossen denn auch in Schutz. Hollande fordere nicht die Abschaffung des Fiskalpakts, sondern dessen Ergänzung durch Wachstum und Regulierung der Finanzmärkte, sagte Gabriel am Donnerstagabend im ZDF. Dies halte auch er für „zwingend nötig“.

Dass Hollande nach einem Wahlsieg tatsächlich nur um eine Ergänzung des Fiskalpakts ringen würde, darf allerdings bezweifelt werden. Bislang hat er es im Wahlkampf bewusst offen gelassen, in wie weit er die völkerrechtliche Vereinbarung verändern möchte. Am Donnerstag sagte er dann, nach einem Sieg werde er allen EU-Partnern seine Forderungen zukommen lassen. Merkel werde dabei „sicherlich eine Reihe meiner Forderungen ablehnen“, meinte Hollande, „aber so ist das bei Verhandlungen“. Dass er gegenüber der deutschen Regierungschefin selbstbewusst auftreten würde, machte er auch gleich deutlich: „Derzeit warten viele Länder auf eine Entscheidung in Frankreich, denn wir sind nicht irgendein Land in Europa. Wir sind ein führendes Land in Europa, und was das französische Volk tun wird, wird die Lage beträchtlich verändern.“

Vor allem vielen Wählern, die zur extremen Linken gehören und auf deren Zustimmung Hollande bei der Stichwahl angewiesen ist, dürfte es imponieren, dass Hollande harte Verhandlungen über den Fiskalpakt ankündigt und sich gegen die deutsche Regierungschefin unnachgiebig zeigt. Die Sichtweise dieser Wähler fasste Jean-Luc Mélenchon am Freitag zusammen. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat sagte, Merkel und Sarkozy hielten das europäische Volk mit ihrem gemeinsam verabredeten Sparkurs unter „ihrer Knute“.

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