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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei einem TV-Interview zum Nationalfeiertag im vergangenen Juli.

© AFP

Deutschland als Vergleichsmaßstab: Zwischen Lockerungen und Impfstrategie – Macron unter Druck

Frankreichs Präsident Macron will am Dienstagabend voraussichtlich leichte Lockerungen ankündigen. Doch die Situation ist ernst.

Hoffnung vermitteln und ein ganz wenig lockern – das ist die Mission des französischen Staatschefs Emmanuel Macron, der sich heute Abend vor einem Millionenpublikum im Fernsehen zum weiteren Vorgehen der Regierung in der Corona-Pandemie äußern will. Zumindest einzelne Branchen wie der Buchhandel können damit rechnen, dass die Geschäfte demnächst wieder geöffnet werden – rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft. 

Die Regierung in Frankreich hatte vor über drei Wochen einen Lockdown verfügt, der weitaus striktere Regelungen als in Deutschland vorsieht. Wer nicht zur Arbeit fahren oder anderen zwingenden Verpflichtungen wie Arztbesuchen nachgehen muss, kann in Frankreich sein häusliches Domizil nur in einem Umkreis von einem Kilometer verlassen.

Der Lockdown betrifft darüber hinaus auch Geschäfte, deren Angebot von der Regierung nicht als „unentbehrlich“ eingestuft wird. Schon zu Beginn des gegenwärtigen Lockdowns hatte es heftige Kritik daran gegeben, dass auch Buchhandlungen von der Regierung für entbehrlich gehalten wurden. 

Von Macron wird erwartet, dass er zumindest grob skizziert, wie es für die Franzosen in der Pandemie in drei verschiedenen Etappen weitergehen soll: zunächst die nächste Phase ab der Zeit um den 1. Dezember herum, dann die Weihnachtsfeiertage und schließlich die Zeit ab Anfang 2021.

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Laut Medienberichten will Macron heute Abend ankündigen, dass möglicherweise schon ab dem kommenden Wochenende auch Geschäfte wie Buchhandlungen, Kleiderboutiquen oder Spielzeuggeschäfte wieder öffnen dürfen. Allerdings sollen in den Geschäften nun verschärfte Abstandsregeln gelten. 

Betreiber von Restaurants und Cafés müssen sich weiter gedulden

Gerechnet wird außerdem damit, dass während der Weihnachtsfeiertage für Familienbesuche ein Attest, wie es gegenwärtig zum Verlassen der eigenen vier Wände nötig ist, nicht verlangt wird. Gedulden müssen sich offenbar weiterhin die Betreiber von Restaurants und Cafés; mit deren Wiedereröffnung wird erst Anfang Januar gerechnet. 

Die geplanten leichten Lockerungen im Verlauf der bevorstehenden Woche sind überhaupt nur möglich, weil die Zahl der Neuinfektionen in Frankreich inzwischen wieder rückläufig ist. Am Montag wurden 4452 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden registriert. Mitte des Monats hatte die Zahl noch bei über 40.000 gelegen. 

Inzwischen fast 50.000 Corona-Tote im Nachbarland

Allerdings kann der positive Trend nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Situation derzeit ernster ist als im Mai, als der erste strikte Lockdown in Frankreich gelockert wurde. In Frankreich sind nach den Daten der Universität Johns Hopkins in Baltimore bislang 49.312 Menschen  an Covid-19 gestorben. Lediglich im Vereinigten Königreich (55.327) und in Italien (50.453) werden in Europa höhere Zahlen verzeichnet. 

Auf einer Intensivstation in Cambrai wird ein Corona-Patient untersucht.
Auf einer Intensivstation in Cambrai wird ein Corona-Patient untersucht.

© REUTERS

Macron wird angelastet, im Frühjahr bei der Beschaffung von Mund-Nase-Masken zu spät reagiert zu haben. Im Sommer wurde dann in der Öffentlichkeit Kritik daran laut, dass nicht genügend Testkapazitäten zur Verfügung stünden.

Allerdings erklärte Gesundheitsminister Olivier Véran im September bei einer Befragung der Deutsch-Französischen Parlamentarier-Versammlung, dass inzwischen mehr als 1,2 Millionen Corona-Tests pro Woche durchgeführt würden. In Deutschland wurde seinerzeit nach den Angaben von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) pro Woche 1,4 Millionen Mal getestet.   

Frankreichs Medien stellen Vergleich mit Deutschland an

Auch jetzt gilt Deutschland wieder für viele Franzosen als Vergleichsmaßstab, da es um die nächste entscheidende Etappe bei der Bewältigung der Corona-Krise geht: die Entwicklung einer effektiven Impfstrategie. In französischen Medien wird ausführlich über den Aufbau der großen Impfzentren in Deutschland berichtet.  „Impfstoff gegen Covid: Die Deutschen stehen schon auf Kriegsfuß“, titelte beispielsweise die Zeitung „Le Parisien“. 

Vor diesem Hintergrund richtet sich an Macron nun bei seiner heutigen Fernsehansprache die Erwartung, eine überzeugende Impfstrategie zu entwickeln.  Nach den Angaben des Regierungssprechers Gabriel Attal will die Regierung im kommenden Jahr 1,5 Milliarden Euro für den Impfstoff bereitstellen.  

Allerdings gibt es in der Bevölkerung eine weit verbreitete Skepsis gegenüber Impfungen. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Elabe im Auftrag des Senders BFM-TV wollen sich nur vier von zehn Menschen in Frankreich gegen das Virus impfen lassen.   

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