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Politik: Frankreich lieben oder es verlassen

Innenminister Sarkozy kämpft mit Parolen der Rechtsextremisten um sein neues Einwanderungsgesetz

Nicolas Sarkozy liebt die Provokation. Wenige Tage vor der am 2. Mai im Parlament beginnenden Debatte über ein neues Einwanderungsgesetz hat Frankreichs Innenminister und Chef der Regierungspartei UMP mit fremdenfeindlichen Parolen eine Kontroverse über den Platz der Ausländer in der französischen Gesellschaft ausgelöst. „Wer sich in Frankreich nicht wohl fühlt, soll sich nicht genieren, das Land, das er nicht liebt, zu verlassen“, sagte Sarkozy. Man könne von einem Land nicht erwarten, dass es seine Gesetze, Sitten und Gebräuche ändert, nur weil diese einer kleinen Minderheit missfielen. „Wir sind es leid, uns entschuldigen zu müssen, Franzosen zu sein.“

Sarkozy, der 2007 als Präsidentschaftskandidat antreten will, hat damit wohl den Ton für das Thema angeschlagen, das den Vorwahlkampf beherrschen wird. Frankreich solle die Einwanderung nicht mehr „erleiden“, sondern „selektiv“ gestalten, lautet das Motto des von ihm ausgearbeiteten Gesetzes. Mit nur je einer Lesung in Nationalversammlung und Senat will es die Regierung des konservativen Premierministers Dominique de Villepin noch vor der Sommerpause im Eilverfahren durchsetzen. Am Samstag gingen in Paris Tausende auf die Straße, um gegen das Gesetz zu protestieren.

Es soll den Zuzug von Einwanderern erleichtern, die „geeignet“ erscheinen, „zur wirtschaftlichen Entwicklung und zur Ausstrahlung Frankreichs in der Welt beizutragen“. Für solche auf dem Arbeitsmarkt dringend gesuchten Fachkräfte soll es eine „Karte der Kompetenzen und Talente“ geben, die ihnen für die Dauer von drei Jahren ein Aufenthaltsrecht gibt. Für alle anderen Ausländer soll die Einwanderung dagegen erschwert werden.

Ergänzt wird dies durch eine stärkere Integration von Einwanderern. So sollen etwa Frauen durch strengere Kontrollen der Kindergeldzahlungen aus polygamen Ehen herausgelöst werden. Für die zehnjährige Aufenthaltsgenehmigung soll künftig ein Zeugnis über Anfangskenntnisse des Französischen Voraussetzung sein. „Es handelt sich um den Nachweis, in konkreten Situationen die Sprache in Wort und Schrift minimal zu beherrschen“, sagt die zuständige Staatssekretärin Catherine Vautrin, „Molière müssen sie nicht kennen.“ Kandidaten für das Aufenthaltsrecht sollen zudem eine „Ausbildung zum Staatsbürger“ absolvieren. Entsprechende Kurse sollen ihnen schon in ihrem Herkunftsland angeboten werden.

Das Konzept der selektiven Einwanderung, „das den wirtschaftlich nützlichen Ausländer gegenüber dem bedürftigen bevorzugt“, widerspreche der humanistischen Tradition des Landes, kritisieren Kirchen und Menschenrechtsgruppen. Besonders scharf kritisierte die sozialistische Opposition den Innenminister. Sie will die Einwanderung zwar auch „regulieren“, wirft dem Innenminister aber vor, mit seinen radikalen Thesen im Revier des Rechtsextremisten Jean-Marie Le Pen zu fischen. Tatsächlich gleichen Sarkozys Äußerungen dem Vokabular des Führers des Front Nationale (FN), der seit 1980 mit der Parole „Frankreich – liebt es oder verlasst es!“ Stimmung gegen Einwanderer macht und sich damit auf einen Sockel von 14 Prozent der Wähler stützen kann. Dass er es auf diese Stimmen abgesehen hat, gab Sarkozy unverblümt zu: „Eine nach der anderen“ werde er sich holen.

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