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Royal Aubry

© dpa

Frankreich: Machtkampf bei Sozialisten: Royal will Neuwahlen

Unter Frankreichs Sozialisten geht das Gerangel um den Chefposten - auch nach der eigentlich alles entscheidenden Stichwahl - weiter: Die unterlegene Ségolène Royal fordert eine Wiederholung der Wahl.

Der Machtkampf um die Nachfolge von Frankreichs Sozialistenchef François Hollande geht  weiter. Die bei der Abstimmung der Parteimitglieder gegen Martine Aubry unterlegene Ex-Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal weigert sich bislang, das Ergebnis anzuerkennen und fordert eine Neuwahl. Aubry habe sich vorschnell zur Siegerin erklärt, sagte die 55-Jährige am Samstagabend dem Fernsehsender TF1.

Bereits am Morgen hatte Royals Lager kritisiert, es gebe zu viele Zweifel am ordnungsgemäßen Ablauf der Stichwahl. Für zusätzlichen Zündstoff in der Diskussion sorgte am Abend die Ankündigung einer Parteigruppe, sie habe sich bei der Auszählung der Stimmen vertan. Royal seien aus Versehen zwölf Stimmen zu wenig und Aubry zwölf Stimmen zu viel zugeschlagen worden.

Hollande versprach Untersuchung der Wahl

Der Sieg Aubrys hätte knapper kaum ausfallen können: Die ehemalige Arbeitsministerin und Bürgermeisterin von Lille erhielt in der Wahl am Freitagabend gerade einmal 42 Stimmen mehr als Royal und kam damit nach dem vorläufigen Endergebnis auf 50,02 Prozent. Royal, die ehemalige Lebensgefährtin von Hollande, holte 49,98 Prozent. Der Bekanntgabe des Wahlausgangs war ein stundenlanges Chaos vorausgegangen. Bis zum frühen Samstagmorgen hatte die Sozialistischen Partei (PS) kein Ergebnis verkünden können. Insgesamt beteiligten sich 137.000 der rund 230.000 Mitglieder an der Abstimmung.

Hollande versprach am Samstag eine genaue Untersuchung der Wahl durch den Parteirat in der kommenden Woche. Zugleich betonte er, dass Aubry nach dem vorläufigen Ergebnis Siegerin sei. "In der Demokratie reicht eine Stimme aus, um eine Mehrheit zu haben", sagte der nach elf Jahren aus dem Amt scheidende Politiker. Die 58-jährige Aubry rief die Parteianhänger zur Einheit auf und sagte, sie werde Chefin aller Sozialisten sein.

Benoît Hamon war ausgeschieden

Bereits seit Freitagmorgen hatte festgestanden, dass die PS erstmals in der Geschichte von einer Frau geführt wird. Im ersten Wahlgang mit drei Kandidaten war der 41-jährige Benoît Hamon vom linken Parteiflügel ausgeschieden. Die PS gehört wie die deutsche SPD der Sozialdemokratischen Partei Europas an. Sie ist auf nationaler Ebene derzeit stärkste Oppositionspartei in Frankreich.

Die Wahl des PS-Parteivorsitzenden gilt auch als Vorentscheidung über die Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2012, bei der Präsident Nicolas Sarkozy so gut wie sicher wieder antreten wird. Die künftige Parteichefin hat gute Aussichten, gegen den Staatschef antreten zu können. Royal hatte im vergangenen Jahr gegen Sarkozy verloren.

Aubry steht für die 35-Stunden-Woche

Der Name Aubrys, einer Tochter des früheren EU-Kommissionspräsidenten Jacques Delors, ist in Frankreich eng mit der Einführung der 35-Stunden-Woche verbunden. Sie hatte im wochenlangen Machtkampf um die Spitze der Parteiführung vor allem dafür gestanden, dass sie im Unterschied zu Royal eine Koalition mit der Zentrumspartei Modem ablehnte und eine "links verankerte Partei" forderte.

Royal hatte sich während des Wahlkampfs volksnah gegeben und ihren Abstand zum "Parteiapparat" betont. Zudem setzte sie sich für eine Verringerung des Mitgliedsbeitrags ein - was ihr den Vorwurf einbrachte, sie wolle sich von "20-Euro-Sozialisten" wählen lassen, die der Partei anschließend den Rücken kehren. (mpr/dpa)

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