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Präsident im Wahlkampf. François Hollande – hier beim Besuch einer Schule im nordfranzösischen Dieudonne – hofft auf eine „rosa Welle“ bei der Wahl.

© AFP

Frankreich: Machtwechsel – zweiter Teil

Bei den Parlamentswahlen am 10. und 17. Juni entscheiden die Franzosen, ob sie Präsident Hollande auch eine sozialistische Regierung verschaffen.

Vier Wochen nach der Präsidentenwahl in Frankreich, die zum Machtwechsel an der Spitze des Staates führte, sind die Franzosen erneut zur Stimmabgabe aufgerufen. Nachdem der Sozialist François Hollande den Konservativen Nicolas Sarkozy im Elysée-Palast abgelöst hat, entscheiden die Franzosen in zwei Wahlgängen am 10. und 17. Juni über die künftige Zusammensetzung des Parlaments.

Sie haben es damit in der Hand, den Machtwechsel vom Mai zu bestätigen und dem neuen Präsidenten die Mehrheit in der Nationalversammlung zu geben. Die Mehrheit im Parlament braucht Hollande zur Durchsetzung seines politischen Projekts des „Wechsels“. Denkbar ist auch, dass die Franzosen ihr Votum vom Mai korrigieren und Hollande zu einer „Kohabitation“ mit einer konservativen Regierung zwingen.

Nach den letzten Umfragen vor der ersten Wahlrunde am kommenden Sonntag geht Frankreichs Linke mit einem klaren Vorsprung vor der rechten bisherigen Regierungspartei UMP in die Abstimmung. Eine „rosa Welle“, die den Sozialisten ohne die anderen Linksparteien die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung sichern würde, ist jedoch nicht in Sicht.

Mit etwa 31 Prozent Prozent der Stimmen könnten die Sozialisten rechnen. Zusammen mit Grünen und der radikalen Linken kämen sie auf 44 Prozent. Für die UMP werden in den Umfragen 31 Prozent vorhergesagt, für die rechtsradikale Front National 15 Prozent. Projiziert auf die Verteilung der 577 Sitze der Nationalversammlung kämen die Sozialisten allein auf maximal 285 Mandate. Nur mit Grünen und Linksfront könnten sie jene 289 Sitze aufbieten, die für die absolute Mehrheit notwendig sind.

Bildergalerie: Hollandes Amtseinführung

Die Umfragewerte für die Linke haben sich damit seit Beginn des Wahlkampfs leicht verschlechtert, die für die UMP knapp verbessert. Doch zur Revanche, die UMP-Generalsekretär Jean-François Copé angekündigt hatte, wird es wohl nicht reichen. Hollande dürfte es also erspart bleiben, dass die Wähler ihm in einer „Kohabitation“ die Hände binden.

Doch Anlass zur Erleichterung über die Wahlprognosen dürfte der Präsident kaum haben. Denn die sonst von einer Präsidentschaftswahl ausgelöste Dynamik zugunsten der Partei des Siegers bei der folgenden Parlamentswahl scheint schwächer auszufallen. Sollten die Sozialisten nämlich die absolute Mehrheit verfehlen, müsste sich Hollande bei vielen Gesetzesvorhaben mit den eigenwilligen Grünen und der sektiererischen Linksfront abmühen, ein „Albtraum“, wie die Kolumnistin des Wochenmagazins „Le Point“, Sylvie Pierre-Brosselet, meint.

Einen Vorgeschmack lieferte die Grünen-Politikerin Cécile Duflot, die als Wohnungsministerin einen Vorstoß zur Straffreiheit von Cannabis unternahm und Premierminister Jean-Marc Ayrault zu einer Klarstellung veranlasste.

Von Jean-Luc Mélenchon, dem Anführer der Linksfront, der Hollande im Wahlkampf als „Tretbootkapitän im Sturm“ bezeichnet hatte, kann der Präsident noch weniger Solidarität erwarten. Ob der Linkspopulist selbst in die Nationalversammlung einzieht, ist indes offen. Für seine Kandidatur hat er sich den nordfranzösischen Wahlkreis Hénin-Beaumont ausgesucht. Dort will er die Chefin der Nationalen Front, Marine Le Pen, in ihrer Hochburg schlagen. Das mit Spannung erwartete Duell könnte er jedoch verlieren. Die Front National kandidiert zwar in fast allen Wahlkreisen. Die rechtsextreme Partei wird aber dort, wo ihr Kandidat in die Stichwahl am 17. Juni einzieht, in den meisten Fällen gegenüber den gemäßigten Linken und Rechten den Kürzeren ziehen. Kaum mehr als drei Abgeordnetensitze werden der Front National, die seit 1988 nicht mehr im Parlament vertreten ist, vorausgesagt.

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