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Frankreich: Muslimen droht Ausweisung nach Autofahrt im Vollschleier

Der Fall einer Muslimin, die mit Gesichtsschleier Auto gefahren war und dafür einen Strafzettel kassiert hatte, zieht in Frankreich immer weitere Kreise. Nach einem lautstarken öffentlichen Protest gegen den Strafzettel über 22 Euro droht nun der Frau und ihrem Mann die Ausweisung aus Frankreich.

Die junge Französin saß mit muslimischem Schleier hinterm Steuer. Weil der aber nur einen schmalen Sehschlitz hatte, stoppte sie die Polizei in Nantes und verpasste ihr ein Bußgeld. Nach dem lautstarken Protest der Muslimin droht nun ihrem Ehemann die Ausweisung. Denn wie sich herausstellte, hat er insgesamt vier Ehefrauen. In Frankreich ist das aber wie in Deutschland als Polygamie verboten. Der Fall hat auch die Debatte um ein Komplettverbot von Vollschleiern wie Burka und Nikab angeheizt. Nach einer am Samstag veröffentlichten Umfrage ist allerdings nur jeder dritte Franzose für einen solch radikalen staatlichen Eingriff.

Im Zuge des Streits um das Bußgeld in Höhe von 22 Euro ermittelte das Innenministerium, dass der Ehemann der 31-jährigen Fahrerin nicht nur insgesamt vier Frauen hat, sondern auch der radikalen Tablighi-Jamaat-Bewegung (Gemeinschaft der Verkündigung und Mission) angehört. Die vier Frauen sollen zudem alle unrechtmäßig Unterstützung für Alleinerziehende und andere Sozialleistungen beziehen.

Innenminister Brice Hortefeux forderte deswegen, dem geborenen Algerier den französischen Pass zu entziehen. Der Mann habe 1999 nach der Heirat mit einer Französin die französische Staatsbürgerschaft erhalten, berichteten nationale Medien am Samstag. Er soll zwölf Kinder von seinen vier Partnerinnen haben.

Die Forderung des Ministers wurde nur kurze Zeit nach einer Pressekonferenz der mit dem Nikab verschleierten Fahrerin bekannt. Dabei hatte die empörte Französin am Freitagnachmittag heftig den Strafzettel kritisiert. Den hatte sie sich eingefangen, als sie an ihrem westfranzösischen Wohnort nur durch den Sehschlitz schauend Auto fuhr: Ihr Blickfeld sei eingeschränkt, befanden die Polizisten.

Frankreich bereitet derzeit ein Gesetz zum Totalverbot von Kleidung vor, die wie Nikab und Burka das Gesicht bis zur Unkenntlichkeit verdecken. Premierminister François Fillon will es im Eilverfahren noch vor dem Sommer durch das Parlament bringen.

In der Bevölkerung ist das Vorhaben allerdings wie in der Politik umstritten. Nach am Samstag vom Sender Europe1 veröffentlichten Umfrageergebnissen spricht sich nur jeder dritte Franzose für ein Totalverbot aus. Alle anderen würden sich weniger strenge Maßnahmen oder einen völligen Verzicht auf eine staatliche Intervention wünschen. Vor einigen Wochen hatte bereits der Staatsrat vor einem Komplettverbot gewarnt. Eine vollständige Verbannung von Burka- und Nikab-Trägerinnen aus dem öffentlichen Leben sei juristisch anfechtbar, befand der Conseil d'État. (dpa)

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