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Ende der Vorstellung. Auf Plakaten wurde noch im Dezember für Auftritte von Dieudonné in Paris geworben.

© Reuters

Frankreich: Regierung erlässt Auftrittsverbot für Komiker Dieudonné

Frankreichs Innenminister Manuel Valls ebnet einem Auftrittsverbot für den umstrittenen Komiker Dieudonné den Weg - aber die Anwälte des 47-Jährigen, der wegen seiner antisemitischen Hetze in der Kritik steht, legen Berufung ein.

„Ich möchte mich an Hitler wenden“, sagt der Mann auf der Bühne, und das Publikum des vollbesetzten kleinen Theaters spitzt gespannt die Ohren. „Dieser Monsieur war kein Rassist“, fährt er fort. „Er war wie die anderen, nicht schlechter.“ Begeisterter Applaus. „Welches ist das Neonazi-Projekt heute?“, fragt er weiter. „Ein kollektiver Selbstmord im Bunker? Die Produktion von Seife aus den Stars des Pariser Showgeschäfts?“ Dröhnendes Gelächter. Und dann kommt er zur Sache, um die es ihm zu gehen scheint, die Ausbreitung antijüdischer Klischees bis hin zur Behauptung, Israel regiere Frankreich: „Der einzige Hass, den ich kenne, ist der Hass der Juden auf die Welt.“

So geht es Abend für Abend im Théâtre de la Main d’Or im elften Pariser Arrondissement zu, wenn der Komiker Dieudonné vor seinen Fans das, was er für Humor hält, absondert, sich damit aber den Ruf eines antisemitischen Hetzers eingehandelt hat. Seine braunen Possen krönt der 47-jährige dunkelhäutige Bartträger jedes Mal mit dem „Quenelle“ (Klößchen) genannten umgekehrten Hitlergruß. Dazu streckt er den rechten Arm nach unten und legt die linke Hand quer über die Brust. Einen makabren Höhepunkt seiner Auftritte erreichte er kürzlich, als er dem Journalisten Patrick Cohen, der ihm ein „krankes Hirn“ bescheinigte, nachrief, es sei schade, dass er den Gaskammern entkommen sei.

Damit hatte Dieudonné den Punkt erreicht, von dem an Frankreichs Regierung der Meinungsfreiheit nicht mehr freien Lauf lassen wollte. Anfang dieser Woche verschickte Innenminister Manuel Valls ein Rundschreiben an die Präfekten, in dem diese aufgefordert wurden, Auftritte des Komikers bei dessen geplanter Tournee durch die Provinz zu verbieten, wenn die „öffentliche Ordnung“ gefährdet sei. Für seine Entscheidung hatte sich Valls des Rückhalts von Premier Jean-Marc Ayrault und Präsident François Hollande versichert. Bei einem Neujahrsempfang appellierte Hollande an die Franzosen, sich angesichts jeglicher Angriffe auf die Prinzipien der Republik „wachsam und unbeugsam“ zu zeigen. Der Bürgermeister von Nantes sprach sofort ein Verbot aus, andere Städte zogen nach. Dieudonnés Anwälte legten beim Verwaltungsgericht Berufung ein.

Der Sturm um den Maulkorb kommt dem antisemitischen Provokateur als Werbung wie gerufen. Der 1966 als Sohn einer bretonischen Mutter und eines kamerunischen Vaters geborene Dieudonné (der von Gott gegebene) M’Bala M’Bala hatte in den Neunzigerjahren mit antikolonialen Sketchen sein Publikum auf der Linken, ehe er dann zur extremistischen Rechten wechselte. Seine antisemitischen Hetztiraden wurden lange kaum beachtet, brachten ihm aber gleichwohl mehrere Geldstrafen ein.

Das Verbot findet rechts wie links ein positives Echo, ist aber juristisch umstritten. Es wäre besser, den Komiker nach seinen Auftritten zu belangen, meint die Liga für Menschenrechte. Die Organisation befürchtet, dass die Justiz wegen des Prinzips der freien Meinungsäußerung den Erlass der Regierung aufheben könnte.

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