zum Hauptinhalt

Frankreich: Starker Staat für starke Männer

Frankreichs Präsident Sarkozy will die Verfassung modernisieren – um seine eigene Position zu festigen.

Frankreichs neuer Präsident Nicolas Sarkozy will die seit seinem Amtsantritt in seinen Händen konzentrierte Macht durch eine Verfassungsreform absichern. Das ist der Kern der bereits im Wahlkampf versprochenen „Modernisierung der Fünften Republik“, die Sarkozy am Donnerstagabend in der lothringischen Stadt Epinal erläuterte. Er wolle einen „starken Staat“, erklärte er, den der Präsident regiere. Gleichzeitig plädierte er für mehr Mitsprache des Parlaments. Eine Kommission unter Vorsitz des früheren konservativen Premierministers Edouard Balladur soll dazu bis zum 1. November detaillierte Vorschläge vorlegen.

Konkret forderte Sarkozy für Frankreichs Präsident das Recht, einmal im Jahr vor das Parlament zu treten, um seine Politik zu erläutern. Dies ist dem Präsidenten, der nach der geltenden Verfassung von 1958 niemandem Rechenschaft schuldig ist, derzeit verwehrt. Die Änderung begründete Sarkozy damit, dass eine Stärkung der Position des Präsidenten eine Stärkung seiner Verantwortung voraussetze. Eine parlamentarische Debatte und Abstimmung über den Rechenschaftsbericht des Präsidenten schloss er jedoch ausdrücklich aus. Die Verantwortlichkeit des Präsidenten sei „moralischer Art“ und könne juristisch nicht infrage gestellt werden. Der Bericht ans Parlament wäre damit nichts weiter als ein zusätzlicher Auftritt vor großem Publikum.

Die Amtszeit des Präsidenten will er auf zwei Mandate hintereinander begrenzen. Für die Besetzung hoher Staatsämter soll künftig die Zustimmung des Parlaments erforderlich sein – was jedoch kein Hindernis ist, wenn wie derzeit Präsident und Parlamentsmehrheit demselben politischen Lager angehören. Zur Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz soll der Präsident nicht mehr dem Obersten Richterrat vorstehen, der für Beförderungen zuständig ist. Sarkozy will auch das bisher ungeprüfte Präsidentenbudget vom Rechnungshof kontrollieren lassen. Für die nächste Parlamentswahl soll eine „Dosis Verhältniswahlrecht“ gelten. Ausgerechnet zur Abschaffung eines Verfassungsartikels, der seine Macht wirklich einschränken würde, äußerte er sich skeptisch: Es ist der „Fallbeil“ genannte Artikel, der der Regierung erlaubt, Gesetzestexte mit der Vertrauensfrage zu verbinden und so ohne Sachdebatte durch die Nationalversammlung zu bringen.

Als Ort der Rede, in der er sich wiederholt auf de Gaulle berief, hatte Sarkozy Epinal gewählt, wo der General 1946 die Grundzüge der zwölf Jahre später verwirklichten Verfassung entworfen hatte. Es gehe nicht um eine neue Republik, sondern darum, die Verfassung von 1958 an die Veränderungen seit damals anzupassen. Er sei zu Konsultationen mit allen Parteien bereit, versicherte Sarkozy. Von der Reformkommission unter Balladur erwartet er, dass sie alles „ohne Tabu und ohne Selbstzensur“ erörtert.

Sarkozys Einladung an den früheren sozialistischen Kulturminister Jack Lang in dieses Gremium hat die Sozialisten in eine Krise gestürzt. Nachdem die Parteiführung Lang aufgefordert hatte, Sarkozys Angebot abzulehnen, hatte der seine Vorstandsämter niedergelegt und der Partei „Selbstzerstörung“ vorgeworfen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false