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Drabig

© dpa

Franz Josef Drabig: "Kurt Beck halte ich als Kanzlerkandidaten für ausgeschlossen"

Der SPD-Politiker Franz Josef Drabig spricht mit dem Tagesspiegel über die fehlende Teamfähigkeit seiner Parteispitze und einen nötigen Politikwechsel.

Hat Kurt Beck noch die Autorität, um die SPD erfolgreich zu führen?

Ich sehe das zunehmend kritisch, an der Basis gibt es viel Kritik auch an Kurt Beck. Vor allem stimmt aber die Mannschaftsleistung oben an der Spitze nicht. Deshalb führt die Losung, wir tauschen Kurt Beck aus, zu den selben Problemen. Jeder andere würde auch die Unterstützung vom Rest des Teams brauchen. Ich fürchte, dass Kurt Beck nicht mehr der charismatische und zukunftsweisende Parteichef ist, aber ich sehe im Moment niemanden, der das übernehmen könnte.

Erkennen Sie und erkennt die Basis noch die SPD-Politik in der großen Koalition oder verschwimmt sie hinter den für die Partei oft schmerzlichen Kompromissen?

Das ist das große Problem. Wir haben beim Parteitag in Hamburg einen guten Aufschlag gemacht, uns inhaltlich erneuert und Themen rund um die soziale Gerechtigkeit definiert, bei denen sich unsere Wählerschaft wiederfindet. Davon sehen wir aber in der großen Koalition nicht viel. Stattdessen gelingt es den Landesfürsten der CDU in unsere Wählerklientel einzubrechen, indem sie sehr populistische Forderungen erheben und wir den Menschen anschließend erklären müssen, warum das alles nicht geht. Die Wähler verstehen, wenn etwa Jürgen Rüttgers (NRW-Ministerpräsident, die Red.) sagt, wer länger einzahlt, ,muss auch mehr Rente herausbekommen’. Sie verstehen uns nicht, wenn wir hinterher mit Begriffen wie Äquivalenzprinzip hantieren und erklären, warum das nicht geht. Wir müssten stattdessen Alternativen zu dem ungerechten Rentensystem diskutieren. Doch dazu bräuchte man Kampagnenfähigkeit und die haben wir derzeit nicht, weil wir nicht im Team spielen.

Ist der Streit um die Agenda ausgestanden, spiegelt sie noch die Politik der SPD?

Wir sind mit dem Thema falsch umgegangen. Das Ergebnis der Agenda ist auch, dass 1,7 Millionen Menschen wieder Arbeit gefunden haben. Aber die Partei kritisiert zu Recht, dass davon zu viele Beschäftigungsverhältnisse unsicher oder prekär sind und dass die Regierung daran nicht genügend arbeitet. Auch bei der Gesundheitsreform werden die verrücktesten Dinge gemacht. Wir verkämpfen uns für einen Gesundheitsfonds, anstatt zu dem zurückzukehren, was wir als Bürgerversicherung beschlossen haben, und die bei mindestens 60 Prozent der Menschen Zustimmung findet.

Dürfen oder müssen die Sozialdemokraten mit der Linken in Zukunft koalieren?

Man muss sich erst einmal auf ein Programm verständigen und darf sich nicht ständig von der Koalitionsfrage treiben lassen. Koalitionen sind abhängig von Wahlergebnissen.

Kann Kurt Beck noch Kanzlerkandidat werden?

Kurt Beck halte ich für ausgeschlossen, ich kann mir auch nicht vorstellen, das sich die Stimmung in der Bevölkerung verändert. Das sollte jemand anderes manchen…

Frank Walter Steinmeier?

… er ist ein potenzieller Kandidat.

Das Gespräch führte Jürgen Zurheide

Franz Josef Drabig, ist Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Dortmund. Mit  9000 Mitgliedern ist dies der bundesweit stärkste Unterbezirk der Sozialdemokraten.

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