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Franz-Peter Tebartz-van Elst: Kirchlicher Bericht belastet Limburger Bischof

Eine Geheimwohnung, vom Bischof unterschriebene Dokumente und noch viel höhere Kosten: Ein kirchlicher Bericht soll Tebartz-van Elst schwer belasten. Wie geht es jetzt weiter mit dem Limburger Bischof?  

Im Oktober hatte Papst Franziskus den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst vorübergehend in Zwangsurlaub geschickt. Van Elst war wegen des Baus einer neuen Bischofsresidenz für 31 Millionen Euro in die Schlagzeilen geraten. Zurzeit arbeitet eine fünfköpfige Untersuchungskommission im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz an einem Bericht, der klären soll, wie teuer der Bau wirklich ist, wie er finanziert wurde und wer welche Entscheidungen traf. Jetzt berichtet das Nachrichtenmagazin „Spiegel“, dass die kirchlichen Ermittler Tebartz-van Elst schwer belasten. Aufgrund des Berichts will der Papst über die Zukunft des Bischofs entscheiden

Sind die Ergebnisse des Prüfberichts bereits bekannt?

Der Bericht soll Ende Februar fertig sein und an die Bischofskonferenz und nach Rom geschickt werden. Vorher wird die Öffentlichkeit nichts Offizielles erfahren. In der Kommission unter Vorsitz des Paderborner Weihbischofs Manfred Grothe arbeiten Michael Duus vom Bauingenieursdienstleister WSP Deutschland, Wirtschaftsprüfer Josef Gronemann, Michael Himmelsbach, Leiter der Abteilung Finanzen im Erzbistum Freiburg, und Lorenz Wolf, Kirchenjurist. Sie haben ihre Ermittlungen abgeschlossen und eine Rohfassung des Berichts erstellt. Momentan feilt das Gremium an der Bewertung. Der „Spiegel“ schreibt nun, die kirchlichen Ermittler hätten in einer eigens angemieteten Wohnung eine „Geheimregistratur“ gefunden mit Unterlagen zur Finanzierung der Bischofsresidenz, die der Bischof unterschrieben habe. Daraus gehe hervor, dass Gelder aus mindestens einer kirchlichen Stiftung für den Bau zweckentfremdet worden seien. Auch sei alles noch viel teurer geworden als die öffentlich bekannten 31 Millionen Euro.

Wie ernst sind die Enthüllungen zu nehmen?

Da der Untersuchungsbericht so wichtig ist für die Zukunft des Limburger Bischofs, kämpfen seit vier Wochen seine Gegner und Freunde um die Deutungshoheit – auch indem sie der Presse angebliche Details aus dem Bericht zustecken. Vor zwei Wochen schrieb das Nachrichtenmagazin „Focus“ unter Berufung auf wichtige Vatikankreise, dass die kirchlichen Ermittlungen ergeben hätten, dass dem Bischof weder Geldverschwendung noch das Übergehen von Kontrollgremien vorzuhalten sei. Die Bischofskonferenz dementierte den Bericht umgehend.

An den jüngsten Enthüllungen des „Spiegel“ ist wohl tatsächlich etwas dran. Gut informierte Kircheninsider bestätigen die Existenz einer „Geheimregistratur“. Tebartz-van Elst und sein vergangenes Jahr pensionierter Generalvikar hätten Unterlagen über die Finanzierung der Bischofsresidenz dorthin ausgelagert, um sie der Kontrolle zu entziehen. Im Dezember 2013 hatte sich Finanzdezernent Gordon Sobbeck in einem Interview gewundert, dass er bei seinem Amtsantritt im April 2012 „eine Struktur vorfand, die schon überraschte“. Er sei Dezernent für Finanzen, Verwaltung und Bau mit rund 180 Mitarbeitern, „doch die Baumaßnahmen auf dem Domberg wurden finanziell wie administrativ separat über den Bischöflichen Stuhl abgewickelt. Planung, Finanzierung und Abrechnung liefen getrennt vom normalen Verwaltungsapparat. Auch meine Vollmachten bezogen sich nicht auf den Bischöflichen Stuhl.“ Erst der vom Papst im Oktober eingesetzte Generalvikar Wolfgang Rösch habe den Bischöflichen Stuhl wieder in die Gesamtverwaltung überführt.

Was hat es mit dem Vorwurf auf sich, es seien Stiftungsgelder entfremdet worden?

Es könnte sich um Gelder des St. Georgswerks handeln, das der Limburger Bischof Ferdinand Dirichs 1949 errichtete, um Geld für den Wohnungsbau für arme, kinderreiche katholische Familien zu sammeln. Arbeitnehmer sollten monatlich den Lohn einer Arbeitsstunde sparen und dem St. Georgswerk als Darlehen zur Verfügung stellen. Die Stiftung besteht noch, sei aber nicht mehr aktiv. Das Geld, Kreditzinsen, das dem Bistum daraus zufließe, sei auch heute für die Unterstützung katholischer Familien bestimmt. Hätte Tebartz-van Elst Geld für seine Bischofsresidenz abgezweigt, wäre das ein Verstoß gegen den Stiftungszweck und damit gegen das kirchliche Vermögensverwaltungsrecht. Kirchenrechtlich wäre der Bischof damit wohl nicht mehr tragbar.

Müsste dann auch die Staatsanwaltschaft ermitteln?

Das halten Kirchenrechtler für fraglich. Die Limburger Staatsanwaltschaft hatte sich im Oktober schon einmal mit Tebartz-van Elst beschäftigt. Damals lagen Anzeigen wegen Untreue gegen ihn vor. Ein Ermittlungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft nicht eingeleitet, auch weil sie den Prüfbericht der Bischofskonferenz abwarten will.

Was ist über Tebartz-van Elst bisherigen Verbleib und Verhalten bekannt?

Der Limburger Bischof hält sich größtenteils in einem Benediktiner-Kloster in Niederbayern auf. Vor einer Woche berichtete allerdings die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, dass Tebartz-van Elst gegen die Auflagen des Papstes verstoße, da er sich regelmäßig in seiner umstrittenen Bischofsresidenz in Limburg aufhalte und auch Anweisungen erteile. Ein Bistumssprecher bestätigte, dass Tebartz-van Elst hin und wieder in Limburg sei – allerdings aus „persönlichen Gründen“. Als ihn die kirchlichen Ermittler zu den Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Bischofssitz befragen wollten, erschien Tebartz-van Elst mit vorgefertigten Antworten und in Begleitung eines Anwalts, was die Ermittler verwunderte.

Wie verhält sich der Papst?

Auch im Vatikan gibt es zwei Fraktionen. Die einen unterstützen Tebartz-van Elst. Dazu gehören Erzbischof Georg Gänswein, der in Rom Präfekt des Päpstlichen Hauses ist, und Kardinal Gerhard Ludwig, Chef der römischen Glaubenskongregation. In einem Interview mit dem Magazin „Cicero“ kritisierte Gänswein Rücktrittsforderungen aus dem Kreise der Deutschen Bischofskonferenz als rein „private Meinungen“. Es gäbe ein Interesse, dem Limburger Bischof zu schaden. Die andere Fraktion, um die Bischöfliche Kongregation, kritisiert Tebartz-van Elst. Dieser solle sich auch ohne strafrechtliche Ermittlungen vom Amt zurückziehen, um dem Ansehen der Kirche nicht noch weiter zu schaden. Angeblich überlegt die Kongregation, das Bistum Limburg aufzulösen. Papst Franziskus steht bisher zwischen den Fronten. Allerdings dürfte Tebartz-van Elst den Papst mit seiner verfrühten Rückkehr nach Limburg verärgert haben. Denn Franziskus hatte ihm geraten, die Zeit bis zur Klärung der Vorwürfe „außerhalb der Diözese“ zu verbringen.

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