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Politik: Französische Steuerdebatte: Ärger für Frankreichs Finanzminister Fabius

Die französische Steuerdebatte nimmt eine unerwartete Wendung. Fünf Tage nach der "größten Steuerreform seit 50 Jahren" sieht sich Finanzminister Laurent Fabius mit neuen, ungewöhnlich brutal vorgetragenen Forderungen konfrontiert.

Die französische Steuerdebatte nimmt eine unerwartete Wendung. Fünf Tage nach der "größten Steuerreform seit 50 Jahren" sieht sich Finanzminister Laurent Fabius mit neuen, ungewöhnlich brutal vorgetragenen Forderungen konfrontiert. Transportunternehmer, Landwirte, Bus- und Taxibetriebe fordern eine radikale Senkung der Mineralölsteuern. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, haben sie landesweit Raffinerien und Tanklager blockiert.

"Wir wurden bei der Steuerreform übergangen", klagen die Transportunternehmer. Zwar hatte Finanzminister Fabius mehrere Maßnahmen zur Entlastung der Benzin- und Dieselkonsumenten angekündigt. So entfällt im November die Kraftfahrzeugsteuer auf Privatfahrzeuge. Die Steuer auf Heizöl wird bereits am 21. September um 30 Prozent gesenkt, und eine ursprünglich geplante Erhöhung der Steuer auf Dieseltreibstoff wurde zurückgenommen. Zudem hat sich die Regierung verpflichtet, einen weiteren Anstieg der Benzinpreise durch flexible Steuersenkungen teilweise auszugleichen.

Doch das reicht den Transportunternehmern nicht aus. Sie fordern eine Senkung der Mineralölsteuer TIPP um mindestens 50 Centimes (15 Pfennig) pro Liter, um den Dieselpreis auf EU-Durchschnitt zu drücken. Derzeit kostet ein Liter Dieselbenzin in Frankreich 5,85 Francs, gegenüber umgerechnet 5,41 Francs in Deutschland, aber 8,64 Francs in Großbritannien. Bei ihren Forderungen berufen sich die Fernfahrer auf die französischen Fischer, denen in der vergangenen Woche Kompensationen für die steigenden Mineralölpreise zugestanden worden waren.

Nach den Angaben der französischen Fuhrunternehmer stiegen die Preise für Dieselkraftstoff in Frankreich durch den Anstieg des Ölpreises auf dem Weltmarkt binnen eines Jahres um 40 Prozent an. Die dadurch entstandenen Kosten für die Branche beziffert der Verband mit fast acht Milliarden Franc (rund 2,4 Milliarden Mark) in diesem Jahr.

Die Opec in der Kritik

Premierminister Lionel Jospin hatte am Wochenende spezifische Hilfen für jene Branchen versprochen, die besonders vom Anstieg der Benzinpreise betroffen sind. Bei einer ersten Verhandlungsrunde am Montag war es jedoch zu keiner Einigung gekom-men. Transportminister Jean-Claude Gayssot hatte eine Senkung der Mineralölsteuer um 20 bis 25 Centimes pro Liter angeboten. Die Transportunternehmer lehnten dies als unzureichend ab. Dennoch zeigte sich Gayssot optimistisch. Die Situation werde sich bald entspannen, hieß es am Dienstag vor neuen Verhandlungen in Paris. Die Partner in der Europäischen Union (EU) rief Gayssot auf, gemeinsam auf die Organisation Öl exportierender Länder (OPEC) Druck auszuüben, um sie zur Senkung des Ölpreises auf dem Weltmarkt zu bewegen.

An den Tankstellen war von einer Entspannung indes nichts zu spüren. Nach panikartigen Benzinkäufen kam es in vielen Städten Frankreichs zu ersten Versorgungsengpässen. In einigen Départements ordneten die Präfekten eine Rationierung von Benzin und Diesel an. Im nordfranzösischen Caen gab es am Dienstagmorgen nach Angaben der Polizei "fast keinen Kraftstoff" mehr. Nach Angaben der Ölkonzerne TotalFinaElf und Esso sitzen auch in einigen anderen Regionen Frankreichs die Tankstellen bereits auf dem Trockenen. Vorerst seien vor allem die Stationen in ländlichen Gegenden betroffen. In Lyon können Autofahrer nur noch für einen Maximalbetrag von 150 Francs (umgerechnet 45 Mark) tanken. Experten gehen davon aus, daß die Versorgungslage ab dem heutigen Mittwoch kritisch werden könnte. Die Transportunternehmer wollen ihre Blockaden "unvermindert" fortsetzen.

Unterdessen erhielten die französischen Kraftfahrer Rückendeckung von ihren deutschen Kollegen. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), Karlheinz Schmidt, bezeichnete den Protest als "absolut verständlich". "Die Proteste belegen deutlich die Krise des europäischen Transportgewerbes", sagte er am Dienstag.

ebo

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