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Politik: Freiburg – rote Insel im schwarzen Meer?

Wie die Bundestagswahl die politische Landkarte verändern könnte / Teil 1: Der Süden

Die Umfragen zur Bundestagswahl am 18. September haben sich stabilisiert, gut 10 Prozentpunkte trennen Union und SPD bundesweit. Doch wie sieht es in den Ländern im Detail aus? Welche regionalen Besonderheiten gibt es? Wie werden Prominente abschneiden? Eine Tagesspiegel-Serie, Teil 1: Der Süden.

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Der Süden der Republik wird bei dieser Wahl wohl noch eindeutiger von der Union dominiert, als es bislang ohnehin schon der Fall ist. Nimmt man die Prognose des Hamburger Wahlinformationsdienstes „election.de“, dann können CDU und CSU ziemlich sicher davon ausgehen, in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und im Saarland fast alle Wahlkreise direkt zu gewinnen – ein bislang einmaliges Phänomen.

In Bayern könnte die Septemberwahl die Wahlkarte endgültig einfarbig gestalten. Die SPD wird wohl auch ihren letzten Direktwahlkreis München-Nord verlieren, den Axel Berg 2002 ganz knapp gegen Johannes Singhammer von der CSU gewann. Dieses Mal dürfte wieder Singhammer vorn liegen. Der Blick wird sich am Wahlabend dennoch nach München richten, nicht nur, weil sich dann Edmund Stoiber für oder gegen Berlin entscheidet. In der bayerischen Hauptstadt wird man sehen können, wie stark die Sozialdemokraten in einer Wohlstandsregion abschneiden können, in der Hartz IV möglicherweise die Gemüter nicht so stark bewegt hat wie in Regionen mit höherer Arbeitslosigkeit. Im Wahlkreis Ingolstadt tritt wieder Horst Seehofer an, der 2002 auf knapp zwei Drittel der Erststimmen kam. Sollten es nun noch mehr werden, wird der ehrgeizige Sozialpolitiker dies als Personalplebiszit werten und damit zumindest in seiner eigenen Partei auf den Putz klopfen. Stoiber selbst und der zweite Spitzenkandidat der CSU für Berlin, Günther Beckstein, treten nur auf der Landesliste an.

Auch Baden-Württemberg könnte erstmals durchweg schwarz sein – doch vielleicht nicht ganz: Das kleine gallische Dorf der SPD heißt Freiburg, was wiederum etwas verwundert, weil die Uni- Stadt in Südbaden eigentlich als grüne Metropole gilt. Dort aber hat der SPD-Außenpolitiker Gernot Erler gute Chancen, den Wahlkreis direkt zu gewinnen – auch weil die Grünen ihre Anhänger dazu aufrufen, die Erststimme an Erler zu geben. Allenfalls Mannheim könnte die SPD noch gewinnen, verlieren dürfte sie dagegen die beiden Stuttgarter Wahlkreise, Karlsruhe, Lörrach-Müllheim und Heidelberg. In der Landeshauptstadt wird dazu wohl auch Uli Maurer beitragen, der frühere SPD-Landeschef, der jetzt für die Linkspartei im Wahlkreis Stuttgart II antritt. Unter Promi-Gesichtspunkten ist noch interessant, ob Annette Schavan, die designierte CDU-Forschungsministerin, in Ulm die guten 51 Prozent ihres Vorgängers Heinz Seiffert toppen kann.

Weitaus dramatischer als in den beiden traditionell schwarzen Südländern sieht es für die SPD im Südwesten aus. In Rheinland-Pfalz , immerhin von der SPD unter Kurt Beck regiert, deutet sich ein halbes Jahr vor der Landtagswahl ein Kippen der Mehrheit an. Alle 15 Wahlkreise könnten an die CDU gehen, vor drei Jahren waren es nur acht. Doch in einigen wird es knapp werden. Zum Beispiel in Ludwigshafen-Frankenthal. Dort könnte Maria Böhmer, Bundesvorsitzende der Frauen-Union, aber schaffen, was Helmut Kohl nie gelang: den Wahlkreis der SPD abzunehmen. Wenn die Verluste sich in Grenzen halten, sind Kaiserslautern, Worms und Mainz die Wahlkreise, in denen die SPD doch noch den Abgeordneten stellen könnte. Echte Promis treten im Weinland im Südwesten nicht an, außer vielleicht Ex-Jusochefin Andrea Nahles. Doch ihr gutes Erststimmenergebnis in Ahrweiler (42,3 Prozent) wird sie kaum wiederholen können – 2002 trat dort nämlich kein Grünen-Kandidat an.

Im Saarland hat die CDU bei den jüngsten zwei Landtagswahlen gesiegt. Doch bei der Bundestagswahl 2002 konnte die SPD noch alle vier Wahlkreise klar direkt gewinnen. Dieses Mal wird es mindestens knapp werden. Und das liegt nicht zuletzt auch an Oskar Lafontaine. Der Linkspartei-Spitzenkandidat tritt in seiner Heimatstadt Saarbrücken, wo er auch einst als OB residierte, als Direktkandidat an. Und das wird die SPD-Lokalmatadorin Elke Ferner wohl ordentlich Stimmen kosten, so dass ihr 17-Prozent-Vorsprung von 2002 durchaus nicht reichen und die CDU-Kandidatin Anette Hübinger lachende Dritte sein könnte. Unklar ist auch, ob der SPD-Linke Ottmar Schreiner in Saarlouis seinen Wahlkreis verteidigen kann. Hat die CDU überall die Nase vorn, dann wird ausgerechnet CDU-Ministerpräsident Peter Müller das Nachsehen haben: Er will in Berlin nach einem Wahlsieg ein Ministeramt übernehmen und steht daher auf Platz eins der Landesliste, ist aber ohne Direktwahlkreis. Gewinnt seine Partei aber in allen vier Stimmkreisen, zieht die Landesliste nicht mehr. Immerhin kann Müller auch ohne Sitz im Bundestag einen Platz im Kabinett übernehmen.

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