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Politik: Freier deutscher Populismus: Möllemann will die FDP zur Volkspartei machen (Kommentar)

Schuld an allem ist im Grunde Kohl. Politiker wie Möllemann werden zu Profiteuren, weil der Fall Kohl nicht nur ein Beben in der CDU ausgelöst hat.

Schuld an allem ist im Grunde Kohl. Politiker wie Möllemann werden zu Profiteuren, weil der Fall Kohl nicht nur ein Beben in der CDU ausgelöst hat. Er wirkt vielmehr verstärkend in der Generation, die sowieso mit Politik nichts zu tun haben will, jedenfalls nichts mit herkömmlicher Politik. Bloß kein langer Marsch durch die Institutionen und keine Gremienarbeit mehr, keine langen Analysen, keine zähe, opferbereite politische Arbeit. Keine Zeit, Tempo zählt. Das hat Möllemann plakatiert, poppig, spaßig, und damit den Zeitgeist getroffen - Stimmen gewinnen durch das Aufgreifen und Verstärken von Stimmungen im Volk.

Weil alles immer schneller wird, soll gefälligst Politik Probleme beschleunigt lösen. Das wird zur Verlockung für diejenigen, die flott formulierend vorspiegeln wollen, sie folgten dem Prinzip aller Denker, von Christus bis Mao: Nur an der Oberfläche sind die Dinge kompliziert, sie werden einfacher, wenn man in die Tiefe schaut. "Grün staut, Mölli baut", lautete ein Wahlkampfslogan - so einfach soll das sein? Natürlich nicht, wenn man wirklich in die Tiefe schaut, aber dazu fehlt immer mehr die Zeit.

Die Gefahr dieser Form portionierter Politik ist, dass sie tatsächlich als Appetithappen angenommen wird, sogar von mehr als den knapp zehn Prozent wie zuletzt in NRW für Möllemanns FDP. Daher auch erhält jetzt die Überlegung von der "Freidemokratischen Volkspartei" mit 18 Prozent Wähleranteil ihre Nahrung. Die bundesdeutsche FDP bei 18 Prozent, das wäre etwa eine Größe wie die FPÖ, wie die Freiheitlichen in Österreich.

Nach Kohls Amtsübernahme ist die liberale Ethik von der angemessenen Zweck-Mittel-Relation verschüttet worden. Seit seinem Fall erst fällt ihr Fehlen so richtig auf. Diese Ethik nämlich müsste bei Liberalen eigentlich zu intellektuellen Skrupeln beim Kampf um die Macht führen. Nicht bei Möllemann. Und schon gar nicht bei Haider.

Liberalismus ist, nach der Definition von Karl-Hermann Flach, eine Auffassung vom Herrschaftsgrad. Dazu gehört, die Begrenzung, Aufteilung und Kontrolle von Macht zu ermöglichen und die Chance zur Ablösung derer offen zu halten, die die Macht ausüben. Haider hat das für seine Zwecke missbraucht, mindestens verfremdet. Damit hat er als erster das Ziel der Volkspartei verwirklicht. Möllemann ist nicht Haider. Aber der Stil ist ähnlich. Forsch und poppig. Und der Politiker ist Stimmungsmacher.

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