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In Erklärungsnot: Die designierte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström.

© AFP

Freihandelsabkommen: EU-Abgeordnete verlangen Klarstellung bei TTIP

Erst hatte die designierte EU-Handelskommissarin Malmström erklärt, dass internationale Schiedsverfahren im TTIP-Abkommen mit den USA keinen Platz haben sollten. Später wurde diese Aussage in der Kommission wieder zurückgezogen. Jetzt soll Kommissionschef Juncker Klarheit herstellen.

Eins hat die designierte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström schon einmal erreicht: Der Schwedin, die ihr neues Amt mit dem Anspruch antritt, ein Höchstmaß an Transparenz herzustellen, ist es gelungen, in Brüssel ein Höchstmaß an Verwirrung zu stiften. Am vergangenen Freitagnachmittag hatte Malmström den EU-Abgeordneten vor ihrer Anhörung durch die Parlamentarier zunächst schriftlich erklärt, das in der Öffentlichkeit umstrittene geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) werde ohne internationale Schiedsgerichte zum Investorenschutz auskommen. Am Sonntag wurde der Satz, wonach die Investor-Staat-Streitschlichung ISDS nicht Bestandteil des TTIP-Abkommens werden wird, in dem Schreiben an die Parlamentarier wieder gestrichen.
Allerdings ist Malmström für die entstandene Verwirrung wohl nicht alleine verantwortlich. Die entscheidende Änderung in der Malmström-Antwort an die Parlamentarier wurde vom Rechner des Kabinettschefs des künftigen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, Martin Selmayr, vorgenommen – von wem auch immer.
Der Vorgang ist deshalb brisant, weil Juncker vor den Europaabgeordneten bei seiner Vorstellungsrunde im Juli hatte durchblicken lassen, dass er keinesfalls den Investorenschutz in der transatlantischen Vereinbarung über alles stellen will. Er werde nicht akzeptieren, „dass die Rechtsprechung der Gerichte in den EU-Mitgliedstaaten durch Sonderregelungen für Investorenklagen eingeschränkt wird“, heißt es in Junckers politischen Leitlinien für seine Kommission. „Rechtstaatlichkeit und Gleichheit vor dem Gesetz müssen auch in diesem Kontext gelten“, heißt es in Junckers Leitlinien weiter. Umwelt- und Verbraucherschützer befürchten, dass vor allem große Konzerne über außergerichtliche ISDS-Verfahren die Möglichkeit erhalten könnten, gesetzliche Regelungen wieder auszuhebeln.
Bei ihrer Anhörung vor den Europaabgeordneten hatte Malmström nicht ausgeschlossen, dass die Investor-Schutzklauseln möglicherweise wieder aus dem TTIP-Abkommen herausgenommen werden könnten. Vor allem die Sozialdemokraten unter den Abgeordneten, die den ISDS-Verfahren kritisch gegenüberstehen, dürften dies gerne gehört haben. Andererseits dürften etliche EU-Mitgliedstaaten – anders als Deutschland – darauf setzen, dass die Liberale Malmström den Unternehmen einen Investorenschutz sichert. Der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary erklärte, der Handelsausschuss habe die Ernennung Malmströms zur Handelskommissarin gebilligt.

EU-Parlamentschef Schulz spricht mit Juncker über Kommunikations-Desaster

Dennoch herrscht vor allem unter sozialdemokratischen EU-Abgeordneten Unmut über die Informationspolitik der Kommission. Am Dienstag ließ sich EU-Parlamentschef Martin Schulz von Juncker am Telefon erklären, wie es zu dem Kommunikations-Desaster in Sachen TTIP am Wochenende kam. Dabei machte der SPD-Mann Schulz dem Luxemburger Juncker deutlich, dass das ISDS-Problem für das Parlament von entscheidender Bedeutung ist. Und der Chef des Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD), erklärte, er hoffe, dass Juncker seine Position zu den umstrittenen ISDS-Klauseln bald im Plenum erklärt. Die Parlamentarier wollen am 22. Oktober über die Juncker-Kommission abstimmen.

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