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Politik: Freiheit im Internet als Grundrecht

Verfassung soll virtueller Welt angepasst werden

Berlin - Als am 23. Mai 1949 der Parlamentarische Rat das Grundgesetz verkündete, gab es weder den Personalcomputer noch das Internet. Heute hätte jeder der Verfassungsväter und -mütter sicher eine eigene Homepage, mindestens einen e-mail-Account und vermutlich dazu noch einen Blackberry. Eines aber hätten sie nicht: das Grundrecht auf Bewegungsfreiheit in der virtuellen Welt.

Politiker von SPD und Union planen jetzt eine Anpassung des Grundrechtskatalogs an die moderne Kommunikationsgesellschaft. Es soll ein neues Grundrecht geben für die Freiheit im Internet. „Bis zum Ende der Legislaturperiode“, hofft SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz, könnte ein Gesetzentwurf stehen. Diesen Zeitraum setzt auch der CDU-Innenexperte Ralf Göbel an.

Das Grundgesetz kennt die Informations-, die Versammlungs-, die Vereinigungsfreiheit, das Postgeheimnis und die Unverletzlichkeit der Wohnung; Grundrechte zum Schutz gegen staatliche Eingriffe. Irgendwo zwischen diesen geschützten Bereichen wurde das Internet von Seiten der Sicherheitsbehörden bislang verortet – wenn es darum ging, die Internetaktivität eines Verdächtigen zu überwachen. Erst jüngst aber stoppte der Bundesgerichtshof die in der großen Koalition umstrittenen Online-Durchsuchungen. Auch aus Sicht der Sicherheitsbehörden besteht also dringend Handlungsbedarf.

Den sehen auch die Abgeordneten. „Das Internet ist ein neuer Raum, die vierte Dimension, eine Welt in der Menschen leben, lieben, sich wirtschaftlich betätigen“, begründet Wiefelspütz seinen Vorstoß. „Diese Welt sollte sich auch im Grundgesetz wiederfinden als ein Raum der Freiheit.“ In welcher Weise sich das wiederfinden soll – ob als eigenes neues Grundrecht oder als Ergänzung des Postgeheimnisses – ist nach Wiefelspütz noch offen. Darin stimmt auch Göbel zu. „Wir brauchen die Erweiterung des Grundrechtsschutzes in der virtuellen Welt“, konstatiert der CDU-Politiker, „wir brauchen es, wissen aber noch nicht wie“.

Während die SPD allerdings die Freiheitsrechte zum Ausgangspunkt nimmt, kommt die Union von der entgegengesetzten Seite: „Unser Ansatzpunkt ist die aktuelle Frage der Online-Durchsuchung“, sagt Göbel. Denn zum Eingriff in ein Grundrecht – wie bei der Online- Durchsuchung – muss zunächst definiert sein, um welches Grundrecht es sich dabei eigentlich handelt. Damit liegt Göbel auf einer Linie mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der Artikel 13 des Grundgesetzes (Unverletzlichkeit der Wohnung) auf den Computer ausgeweitet sehen will, um die Online-Durchsuchung verfassungsrechtlich abzusichern. Dabei will Göbel aber nicht stehen bleiben. „Das Grundgesetz ist auf einen Zustand abgestellt, der das Internet nicht berücksichtigt“, sagt er. Die Modernisierung sei über die Online-Durchsuchung hinaus dringend nötig.

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