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Politik: Freispruch mit Schönheitsfehler

Ex-Vizepräsident Südafrikas ist nach Vergewaltigungsprozess politisch am Ende

Südafrikas früherer Vizepräsident Jacob Zuma ist nach einem aufsehenerregenden Prozess vom Johannesburger Landgericht vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Zuma galt bis zu seiner Amtsenthebung vor einem Jahr als aussichtsreicher Kandidat auf die Nachfolge von Präsident Thabo Mbeki. Allerdings dürfte der Prozess, in dem intime Details über sein Sexualverhalten publik wurden, seine Ambitionen zerstört haben. Zuma ist auch durch das rabiate Auftreten seiner Anhänger in Misskredit geraten. Diese hatten zu Beginn des Verfahrens das Bild der Klägerin angezündet und „Burn the bitch“ (verbrennt die Schlampe) gerufen, ohne dass Zuma dieses Verhalten gerügt hätte. Daneben droht dem 64-Jährigen ein weiterer Prozess wegen Bestechlichkeit in einem Waffengeschäft.

Zuma war angeklagt, im November 2005 die 31-jährige Tochter eines inzwischen verstorbenen Weggefährten aus den Tages des Widerstands in seiner Johannesburger Villa vergewaltigt zu haben. Zuma hat dies bestritten, jedoch zugegeben, mit der HIV-infizierten Frau Sex gehabt zu haben. Dies sei jedoch im gegenseitigen Einvernehmen geschehen.

Allerdings hat sich Zuma im Prozessverlauf derart diskreditiert, dass ihn politische Beobachter wie Xolela Mangcu von der Steve-Biko-Stiftung für „politisch erledigt“ halten. Zuma habe politisch wie privat Entscheidungen getroffen, die seine Eignung als Präsident stark in Frage stellen, meint Mangcu. Allgemeines Unverständnis hatte landesweit das Eingeständnis hervorgerufen, dass Zuma als langjähriger Vorsitzender des nationalen Aids- Rats wissentlich ungeschützten Geschlechtsverkehr mit der HIV-positiven Frau hatte. Zuma begründete dies vor Gericht damit, dass das Ansteckungsrisiko für Männer geringer als für Frauen sei, zumal er nach dem Sex gleich geduscht habe. Südafrika hat die weltweit meisten Aids-Erkrankungen. Insgesamt sind rund sechs Millionen seiner 46 Millionen Einwohner mit dem HI-Virus infiziert. Davon sind derzeit zehn Prozent akut an Aids erkrankt. Jeden Tag kommen 1700 Neuansteckungen hinzu. Dennoch hat die Regierung kaum auf die Epidemie reagiert. Präsident Mbeki hat vielmehr bestritten, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem HI-Virus und der Seuche gibt.

Gleichzeitig hat der Prozess gezeigt, welch geringen Stellenwert schwarze Frauen in Südafrikas stark patriarchalisch geprägter Gesellschaft noch immer haben. Ironischerweise feierte das Land am Montag den zehnten Jahrestag seiner Verfassung, die gerade in puncto Gleichberechtigung zu den fortschrittlichsten der Welt zählt. Jedes Jahr werden am Kap 55 000 Vergewaltigungen angezeigt – die mit Abstand höchste Rate der Welt. Die Dunkelziffer dürfte weit darüber liegen. Experten schätzen, dass die Zahl mindestens vier- bis fünfmal so hoch ist. Symptomatisch für die tiefe Kluft zwischen Verfassung und gesellschaftlicher Realität ist auch, dass Zumas Anklägerin nach dem Verfahren ins Exil geht, weil Südafrika ihre Sicherheit nicht garantieren kann.

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