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Politik: Fremde Freunde

Europas Sozialdemokraten distanzieren sich von ihren slowakischen Genossen

Eine Welle von fremdenfeindlichen Übergriffen in der Slowakei könnte für die neue Regierung des Landes schmerzhafte Konsequenzen haben. In Brüssel entscheidet die Partei der europäischen Sozialisten (PES) an diesem Donnerstag über den Ausschluss der Smer-Partei des slowakischen Premierministers Robert Fico aus der gemeinsamen Fraktion im europäischen Parlament. Kritiker werfen Fico vor, sein Regierungsbündnis mit der rechtsextremen Nationalpartei verstoße gegen europäische Grundwerte. Seit dem Amtsantritt der slowakischen Regierung vor knapp drei Monaten kommt es im Land immer wieder zu Ausschreitungen, die sich vor allem gegen die Mitglieder der ungarischen Minderheit richten.

Die Koalition zwischen Linkspopulisten und Rechtsextremen stieß von Anfang an auf heftige internationale Kritik. Die Nationalpartei, die bei der Parlamentswahl auf zwölf Prozent der Stimmen kam, fällt vor allem mit hasserfüllten Parolen gegen die ungarische Minderheit auf. Ihr Vorsitzender Jan Slota etwa drohte schon vor Jahren, die Slowaken würden mit ihren Panzern Budapest dem Erdboden gleichmachen. An seinen fremdenfeindlichen Ausfällen hat sich nichts geändert, seit seine Partei Regierungsverantwortung übernommen hat. Vor allem die ungarischstämmigen Slowaken hat der rechtsextreme Jan Slota im Visier. Jeder zehnte Slowake hat ungarische Wurzeln, sie stellen noch vor den Roma die größte ethnische Minderheit des Landes. Die meisten ihrer Mitglieder legen bis heute großen Wert auf kulturelle Unabhängigkeit. Mit der Einrichtung von ungarischsprachigen Schulen, Theatern und einer eigenen Universität hatte sich die frühere slowakische Regierung um eine Eingliederung der Minderheit bemüht.

Die Nationalpartei um Slota hingegen setzte in ihrem Wahlkampf gezielt auf antiungarische Ressentiments. Der Umgangston, so Vertreter der Minderheit, habe sich seither deutlich verschärft. Mehrfach kam es zu Übergriffen gegen Ungarn und Roma, in einem Fußballstadion entrollten slowakische Fans ein Transparent mit der Aufschrift „Tod den Ungarn“. Lajos Varadi, Gesandter an der ungarischen Botschaft in Bratislava, äußert sich offen: „Wichtig ist, dass sich eine Regierung von solchen Vorfällen deutlich distanziert, um kein stilles Einverständnis mit den Tätern zu signalisieren. In der Slowakei aber hat man lange geschwiegen.“ Eine gemeinsame Erklärung, mit der die beiden Nachbarstaaten den Konflikt aus der Welt räumen wollten, scheiterte in letzter Minute, die Krise schwelt weiter.

Politikwissenschaftler halten den drohenden Ausschluss der sozialdemokratischen Partei Smer aus der Fraktion der europäischen Sozialisten für eine schwer wiegende Sanktion. „Über solche Parteibündnisse fließen im europäischen Parlament viele entscheidende Informationen“, sagt der Politologe Miroslav Kusy aus Bratislava: „Wenn dort eine Partei außen vor steht, geht vieles an ihr vorbei!“

Kilian Kirchgeßner[Prag]

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