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Politik: Friedensdemo im Saal

Der PDS-Sonderparteitag zum Irak hatte den Charakter einer Kundgebung – und viele Delegierte waren erst gar nicht erschienen

Von Matthias Meisner

André Brie forderte die Genossen zu mehr Nachdenklichkeit auf. Auf den „aggressiven Militarismus“ der US-Regierung sollten sie nicht mit Verbalradikalismus reagieren, appellierte der PDS-Europaabgeordnete an die Delegierten des Sonderparteitags am Samstag in Berlin. Aals Reaktion auf das Sendungsbewusstsein der Ideologen um George W. Bush sollten sie nicht mit der elitären Gewissheit auftreten, „die besten und die einzig konsequenten Friedenskämpfer zu sein“.

Brie blieb beim Sonderparteitags fast der einzige, der sich selbstkritisch mit dem Zustand seiner Partei auseinander setzte. Und auch er schnitt – abweichend von seinem Redemanuskript – das heikle Thema Münster nicht an: Dort hatte sich vor knapp drei Jahren ein Parteitag kategorisch gegen Militäreinsätze auch unter Führung der UN festgelegt. Für Gregor Gysi war das gegen den Willen der damals noch reformorientierten Parteiführung getroffene Votum seinerzeit Anlass, seinen Rückzug aus der Parteispitze anzukündigen. Parteichefin Gabi Zimmer ging in ihrer Rede auf das Thema nur indirekt ein. Natürlich sehe sie die „tiefe Krise“ der UN nach dem Beginn des Irakkriegs, sagte sie. Doch: „Die auch in unserer Partei weit verbreiteten Vorstellungen, die UN könnten für immer und ewig in ein Machtinstrument der USA verwandelt werden, haben sich als falsch erwiesen.“ Diskussionen über eine Korrektur des Münsteraner Parteitagsbeschlusses hatte Zimmer bereits im Vorfeld als „sinnlos“ bezeichnet. „Rechthaberei“ der Reformer müsse vermieden werden, verteidigte auch Ex-Fraktionschef Roland Claus diese Haltung – was nicht bedeute, dass dieses Thema "für alle Zeiten" vom Tisch sei.

Auf der Tagesordnung stand der Irakkrieg – mehr freilich im Sinne einer Kundgebung denn in Form einer klassischen Parteitagsdebatte. Zimmer sagte, die US-Regierung sei dabei, „zum größten Feind der Zivilisation zu werden“ und redete gegen einen militärischen Ausbau Europas. Protest gegen den Krieg sei aber nicht antiamerikanisch, sagte sie. Vorstandsmitglied Wolfgang Gehrcke warnte vor einem Nato-Einsatz unter Beteiligung der Bundeswehr im Nachkriegs-Irak.

Ein paar Vertreter von Friedensinitiativen sprachen, auf den Zuschauerreihen saßen Vertreter von Nordkoreas Botschaft in Berlin. Andere geladene Gäste wie der grüne Kriegsgegner Winfried Hermann hatten abgesagt. Im Foyer wurden „Amerikaner“ verspeist. Ein Euro kostete das Gebäck mit Peace-Zeichen aus Schoko-Guss.

Nach Beschluss des Appells „Stoppt das Bomben und Töten“ waren die Versammelten überzeugt, einen Beitrag zum Frieden geleistet zu haben. Doch richtig mobilisiert hatte die PDS nicht. Nicht einmal 60 Prozent der über 400 Delegierten waren zu Tagungsbeginn da. „Planerfüllung ist das nicht“, ermahnte die Tagungsleiterin, die Berliner Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner.

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