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Friedensmission: Zwei Welten in Afrika

Außenminister Steinmeier lobt Ghana als politischen „Leuchtturm“ – und erlebt in Nigeria den zwiespältigen Aufbruch der ölreichen Region.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat seine Reise nach Westafrika am Freitag mit einem Besuch in Ghana beendet und dort das „Kofi-Annan-Trainingscenter“ besucht, in dem afrikanische Teilnehmer für Friedensmissionen ausgebildet werden. Das Zentrum wurde seit seiner Gründung 2002 mit rund sechs Millionen Euro unterstützt.

Steinmeier bezeichnete das Land als eine Art „politischen und wirtschaftlichen Leuchtturm Westafrikas“. Sein marktwirtschaftlicher Kurs hat dem weltweit zweitgrößten Kakaoproduzenten ein bescheidenes Wachstum von fünf Prozent und eine einstellige Inflationsrate beschert, auch politisch herrscht entspannte Ruhe. Doch gemessen am globalen Standard ist Ghana mit einem Bruttosozialprodukt von knapp 300 Dollar pro Kopf noch immer bettelarm. Die Geberländer wie Deutschland finanzieren mehr als 40 Prozent seines Staatshaushalts. „Dass Ghana heute als Erfolsgeschichte gepriesen wird, ist bezeichnend für den Zustand Afrikas“, moniert denn auch der kenianische Ökonom James Shikwati.

Am Donnerstag hatte Steinmeier mit Nigeria eines der rohstoffreichsten – und ungleich unruhigeren – Länder des schwarzen Kontinents bereist. Er traf dort als erster hochrangiger westlicher Politiker mit dem erst vergangene Woche vereidigten Staatschef Umaru Yar’Adua zusammen. Zum Auftakt seiner Reise hatte Steinmeier dabei in der Hauptstadt Abuja die nun geplante Entsendung einer internationalen Friedenstruppe in die sudanesische Krisenprovinz Darfur begrüßt und Nigerias starke Beteiligung betont. Der westafrikanische Staat stelle bei der gegenwärtigen Mission der Afrikanischen Union (AU) das größte Truppenkontingent, lobte Steinmeier. Bislang umfasste die insgesamt wenig erfolgreiche AU-Mission im Sudan knapp 8000 Soldaten, was aber als völlig unzureichend gilt. Geplant ist nun eine gemeinsame Truppe aus UN und AU mit bis zu 26.000 Soldaten.

Eigentlich wollte Steinmeier seinen nigerianischen Amtskollegen Ojo Maduekwe treffen, einen engen Gefolgsmann von Ex-Präsident Olusegun Obasanjo. Zur Verblüffung der deutschen Delegation hielt sich dieser jedoch im benachbarten Benin auf und Staatschef Yar’Adua informierte den deutschen Außenminister persönlich über die Schwerpunkte seiner neuen Regierung.

Im Vordergrund steht dabei eine rasche Stabilisierung der chaotischen Situation im ölreichen Nigerdelta: Dort haben militante Gruppen, die angeblich eine gerechtere Verteilung der Öleinnahmen an die ansässige Bevölkerung fordern, oft aber kriminell motiviert sind, ihre Angriffe auf Förderanlagen von Ölkonzernen noch verstärkt. Als Geste des guten Willens hat die neue nigerianische Regierung den militanten Führer Mujahid Dokubo-Asar überraschend gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt, offiziell aus gesundheitlichen Gründen. Seine Freilassung gehörte zu den Hauptforderungen der Gruppen.

Nach Angaben Yar’Aduas hat Nigeria gegenwärtig rund ein Viertel seiner Gesamtproduktion von 2,4 Millionen Barrel am Tag geschlossen. Dadurch seien dem bevölkerungsreichsten Land in Afrika allein im letzten Jahr etwa 4,4 Milliarden Dollar an Öleinnahmen entgangen.

Ob dem neuen Regierungschef die Befriedigung der Deltaregion und auch des religiös explosiven Nordens gelingt, darf aber bezweifelt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass der neue Staatschef mit einer stark angekratzten Legitimität ins Amt geht, da die Präsidentschaftswahl unter chaotischen Umständen stattfand. Wahlbeobachter der EU hatten das Ergebnis als „nicht glaubwürdig“ verurteilt. Diese Einschätzung wurde von Steinmeier nun abgeschwächt. Zwar hätten Unregelmäßigkeiten Anlass zur Kritik gegeben, doch hoffe er, dass Nigeria nun den eingeschlagenen Weg politischer und wirtschaftlicher Reformen fortsetzen werde, sagte er. Yar’Adua weiß dabei, dass Regieren in Nigeria in erster Linie der Versuch ist, die explosiven Interessensgegensätze der 140 Millionen Menschen des Landes zusammenzuhalten.

Ein Indiz dafür ist die fast drei Monate währende Kabinettsbildung: Der neue Präsident musste dabei das mächtige Politestablishment integrieren, seine eigene Autorität untermauern und durch die Einbeziehung der Opposition bei der Wahl aufgerissene, tiefe Gräben schließen. Ein Mittel dazu ist Geld – was Nigeria zu einem der korruptesten Länder der Welt gemacht hat. Das UN-Entwicklungsprogramm zählt Nigeria trotz enormer Öleinnahmen auf Platz 159 – hinter Lesotho und Haiti – wegen seiner Massenarmut zu den Armenhäusern der Welt.

Umso erstaunlicher ist, dass Yar’Adua zu Beginn seiner Amtszeit die eigenen Vermögensverhältnisse offenlegte und dass die Antikorruptionspolizei fünf frühere Provinzgouverneure für das Plündern öffentlicher Gelder anklagte.

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