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Friedensnobelpreis-Jury: Ihren Frieden gefunden

Die Ehrung eines chinesischen Dissidenten hat am Ende viele überrascht - obwohl Liu Xiaobo schon seit Jahren als Anwärter gehandelt wurde. Was sagt das über die Jury aus?

Die Vergabe des Friedensnobelpreises an Chinas bekanntesten Dissidenten Liu Xiaobo könnte sich auch für die Jury in Oslo auszahlen. Denn das Komitee wurde für seine Entscheidungen zuletzt häufig kritisiert. Vor allem die Tatsache, dass ehemalige Spitzenpolitiker die Friedenspreise verleihen, ist umstritten. Eine Reform müsse her, welche die Jury unabhängiger und deren Entscheidungen professioneller machen solle, fordern Kritiker.

Gerade die Ehrung des noch nicht lange amtierenden US-Präsidenten Barack Obama im vergangenen Jahr hat viel Unmut ausgelöst. Der Chef des norwegischen Friedensforschungsinstitutes Prio, Kristian Berg Harpviken, erklärte damals: Die Jury sei zu feige und würde es nicht wagen, Dissidenten aus mächtigen Ländern wie Russland oder China auszuzeichnen; sie wolle einfach nur die Interessen der kleinen Nation wahren. Diese Kritik könnte mit ein Grund dafür sein, dass Liu Xiaobo in diesem Jahr nun endlich ausgezeichnet wurde – was schon lange gefordert wurde.

Die Jury besteht aus früheren Parlamentsabgeordneten, was die politische Unabhängigkeit garantieren soll. Allerdings zweifeln genau diese viele an. So waren im vergangenen Jahr zwei Mitglieder noch aktive Parlamentarier. „Das trägt natürlich dazu bei, dass sie vorsichtiger damit sind, einen kontroversen Kandidaten aus China zu wählen“, kritisierte Harpviken. Vor allem beim Juryvorsitzenden gibt es Bedenken. Der Sozialdemokrat Thorbjoern Jagland war unter anderem von 1996 bis 1997 Ministerpräsident Norwegens und von 2000 bis 2001 Außenminister. Auch zur amtierenden Regierung unterhält er gute Kontakte. Außerdem wurde er im vergangenen Jahr zum Generalsekretär des Europarats gewählt. Damit sitzt er in wichtigen europäischen Gremien, in denen auch die Regierung Russlands vertreten ist – ein weiteres mächtiges Land, aus dem immer wieder Dissidenten als mögliche Preisträger nominiert werden. Das sei politisch schwierig, findet Harpviken.

Doch bei aller Kritik: Das Nobelkomitee hatte schon früher einmal einen chinakritischen Preis vergeben. 1989 wurde der Dalai Lama ausgezeichnet. „Die Reaktion der chinesischen Seite war stark und deutlich“, berichtete der damalige bürgerliche Außenminister und spätere Ministerpräsident Norwegens, Kjell Magne Bondevik. Aber man müsse den Chinesen einfach immer wieder erklären, wie unabhängig das Komitee bei seiner Auswahl sei.

Mit der diesjährigen Entscheidung, so erklärte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International am Freitag, hätten die Friedensrichter tatsächlich ihre Unabhängigkeit bewiesen. Liu Xiaobo würde dank der Auszeichnung hoffentlich bessere Haftbedingungen in China bekommen. Noch kurz vor der Vergabe hatte die Organisation bezweifelt, dass die Norweger den Mut dafür aufbringen könnten.

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