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Politik: Friedensnobelpreisträgerin drängt an die Macht

Berlin - Jetzt ist es offiziell: Rigoberta Menchu, Bauerstochter und Menschenrechtsaktivistin, will Präsidentin von Guatemala werden. Die 48-Jährige könnte, sollte sie im September als Siegerin aus der Wahl hervorgehen, das erste weibliche Staatsoberhaupt in Lateinamerika mit indigenen Wurzeln werden – bisher ist Evo Morales, Aymara-Indio an der Spitze Boliviens, der einzige Ureinwohner, der es südlich des Rio Grande ins höchste Amt geschafft hat.

Von Michael Schmidt

Berlin - Jetzt ist es offiziell: Rigoberta Menchu, Bauerstochter und Menschenrechtsaktivistin, will Präsidentin von Guatemala werden. Die 48-Jährige könnte, sollte sie im September als Siegerin aus der Wahl hervorgehen, das erste weibliche Staatsoberhaupt in Lateinamerika mit indigenen Wurzeln werden – bisher ist Evo Morales, Aymara-Indio an der Spitze Boliviens, der einzige Ureinwohner, der es südlich des Rio Grande ins höchste Amt geschafft hat.

Doch aller Wertschätzung zum Trotz, die Menchu vor allem international genießt, stößt ihr jüngster Coup durchaus nicht nur auf Zustimmung. Viele befürchten, die Kandidatur der Friedensnobelpreisträgerin von 1992 werde in dem zentralamerikanischen Land alte Wunden wieder aufreißen. Denn gegen Menchu tritt Otto Perez Molina an: ein ehemaliger Kommandeur aus Bürgerkriegszeiten, unter dessen Befehl dutzende Massaker an Ureinwohnern verübt worden sein sollen. Menchus Kandidatur werde die rassistische Gesellschaft polarisieren und die Linke schwächen, die sich nun mit mindestens zwei Kandidaten selbst das Wasser abgrabe, vermutet Anika Oettler vom Giga-Institut für Lateinamerika-Studien in Hamburg.

Rigoberta Menchu hat das Leid des 36-jährigen Bürgerkrieges am eigenen Leib erfahren. Mehr als 100 000 Menschen wurden getötet, eine Million von ihrem Land, aus ihrem Haus vertrieben. Menchu verlor ihre Eltern und ihren Bruder. Seither gilt sie als eine eisenharte Kämpferin für die Sache der Ureinwohner, die sich selbst politisch weder links noch rechts verortet. Sie macht sich für die Indios stark – „ich kämpfe dafür, dass wir mehr sind als bloß ein Kulturerbe der Menschheit“, für Menschenrechte und Gleichheit und gegen die weiße Elite Guatemalas. Doch sie scheut sich auch nicht, zum Beispiel das Freihandelsabkommen mit den USA zu unterstützen, das die Linke und kleine Bauern vehement ablehnen. „Rigoberta Menchu hat in den vergangenen Jahren wiederholt darauf verwiesen, keine politische Ideologie zu vertreten und für Integration zu stehen“, sagt Oettler. Doch indem sie sich als „Botschafterin des guten Willens“ in den Dienst der konservativen Regierung von Präsident Oscar Berger stelle, unterstütze sie indirekt dessen Untätigkeit im Menschenrechtsbereich: In dem 12,5-Millionen-Einwohnerland sind Mord und Totschlag nach wie vor an der Tagesordnung, 2005 wurden mehr als 220 Menschenrechtsaktivisten umgebracht, besonders Frauen und die indigene Mehrheit leiden, und die Täter gehen zumeist straffrei aus.

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