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Politik: Friedliche Übernahme

Die israelische Armee entert das Aktivistenschiff „Rachel Corrie“ – diesmal ohne Waffengewalt

Israelische Marinekommandos haben das irische Friedensaktivistenschiff „Rachel Corrie“ vor der Küste des Gazastreifens friedlich geentert. Es geht also auch anders. Im Gegensatz zum Blutvergießen beim kürzlichen Versuch der sogenannten Freiheitsflotte, die israelische Seeblockade des Gazastreifens zu durchbrechen, stoppten diesmal die gleichen Marinekommandos die irische „Rachel Corrie“, ohne auf irgendeine Art von Widerstand zu stoßen. Der Kapitän, die Besatzung und die Passagiere hätten „voll kooperiert“, heißt es nach israelischen Angaben, weshalb sie ihrerseits keine Gewalt angewendet hätten. Israelische Offizielle lobten in diesem Zusammenhang die irische Regierung, die zur Lageberuhigung entscheidend beigetragen habe.

Das Schiff wurde am Samstagmittag in internationalen Gewässern im östlichen Mittelmeer geentert, bevor es in die unter Blockade stehenden territorialen Gewässer vor dem Gazastreifen eindringen konnte. Danach wurde es von den Marinebooten in den israelischen Hafen Aschdod geleitet. Dort gingen die Friedensaktivisten, je zur Hälfte aus Irland und Malaysia, an Land. An Bord des Frachters befanden sich nach Armeeangaben insgesamt 19 Menschen. Die Hilfsgüterladung sollte gelöscht und kontrolliert werden. Erste Kontrollen der Ladung noch auf hoher See zeigten bereits, dass keinerlei Waffen geladen waren, sondern größtenteils Zement.

Nach Angaben des Sprechers der israelischen Regierung und der Armee lief alles gewaltlos ab, weil sich nur „echte Friedens- und Menschenrechtsaktivisten“ an Bord der „Rachel Corrie“ befunden hätten. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, gegen dieses Schiff sei genau gleich vorgegangen worden wie zu Wochenbeginn gegen die „Freiheitsflotte“. Der Unterschied bestehe darin, dass man es diesmal nur mit Friedensaktivisten, deren politische Ansichten er nicht teile, zu tun gehabt habe und nicht mit einem „Konvoi des Hasses“, der von „Terror unterstützenden extremistischen Gewalttätern“ organisiert worden sei. Israel gehe es darum, die Aufrüstung der Hamas im Gazastreifen und die Errichtung eines „iranischen Hafens“ dort zu verhindern. Benannt ist das Boot nach der Menschenrechtskämpferin Rachel Corrie, die im Jahr 2003 von einem Bulldozer der israelischen Armee getötet wurde. Auch die Fahrt der „Rachel Corrie“ wurde von der „Free-Gaza-Bewegung“ organisiert, einem Zusammenschluss von Pro-Palästina-Aktivisten und Menschenrechtsorganisationen in Zypern.

Israel will die Friedensaktivisten der „Rachel Corrie“ schnellstmöglich in deren Heimatländer schaffen. Die Hilfsgüter sollen in den nahe gelegenen Gazastreifen abtransportiert werden. Auch will man, als Geste des guten Willens, die 500 Tonnen Zement einer im Gazastreifen aktiven internationalen Organisation übergeben, obwohl Zement als wichtigstes Baumaterial auf Israels Liste der für den Gazastreifen verbotenen Güter steht. Der Grund für das Zementembargo ist die Furcht, die dort herrschende Hamas werde ihn zum Bau von Bunkern verwenden. Allerdings steht der Großteil von den hunderten Tonnen Hilfsgüter, die an Bord des „Free Gaza Movement“-Konvois waren und bereits kontrolliert wurden, noch immer auf Lastwagen verladen an der Grenze zum Gazastreifen oder in Hallen eingelagert, weil die Hamas deren Einfuhr verweigert.

Nach Berichten arabischer Medien soll der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan planen, persönlich auf einem Schiff die israelische Seeblockade des Gazastreifens zu durchbrechen. Nach Angaben israelischer Behörden soll sich auf der zu Wochenbeginn aufgebrachten türkischen „Mavi Marmara“ unter den 600 Passagieren eine rund 30 Mann umfassende mutmaßliche Terroristentruppe befunden haben. Diese kampfbereite Truppe lieferte dem Enterungskommando während zwei Stunden einen blutigen Kampf. Von den neun dabei getöteten Türken – nach israelischen Angaben wahrscheinlich bezahlte Söldner – sind nach den in der Türkei vorgenommenen Autopsien mindestens sieben aus kürzester Distanz erschossen worden. Insgesamt seien, so wurde am Samstag in Istanbul bekannt gegeben, rund 30 Schüsse auf sie abgegeben worden. Israel erklärt dies mit der Feststellung, dass die Soldaten sich in echter Lebensgefahr befunden hätten und sich deshalb mit ihren persönlichen Pistolen verteidigt hätten.

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