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Noch läuft’s nicht rund. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Foto: Fabrizio Bensch/Reuters

© REUTERS

Politik: Frischgebackene Differenzen

In der Union findet der Auftakt der Koalition keinen Gefallen. Die Frischlinge in der SPD haben sich zu aufmüpfig gegeben Nun soll bei der Klausurtagung auf Schloss Meseberg die Grundlage für eine bessere Kommunikation gelegt werden.

Berlin - Peter Tauber ist neu im Geschäft, aber eine dezidierte Meinung zu den Katzbalgereien der frischgebackenen Koalitionäre verbreitet der frischgebackene CDU-Generalsekretär trotzdem schon: „Immer wenn Diskussionen nicht gleich zu einem Ergebnis führen, dann fragt man sich, warum sie geführt werden“, sagt Tauber am Montag nach einer Schaltkonferenz der CDU-Führung. „Insofern wünsche ich mir in manchen Debatten etwas mehr Stringenz.“

Man darf diese Mahnung wohl eins zu eins für die Meinung der CDU-Vorsitzenden nehmen. Angela Merkel, berichtet Tauber nämlich über seine bisherigen Erfahrungen mit der bettlägerigen Chefin, sei „sehr kommunikationsfreudig“. Er hat also mitgekriegt, wie sich Merkel über das ärgert, was ihr Fraktionschef Volker Kauder so gerade eben noch keinen „Fehlstart“ nennen will: Über die Feiertage haben sich zumal die SPD-Neulinge im Kabinett mit allerlei Positionen und Ideen zu Wort gemeldet, die sicher von Herzen kommen, aber nicht vom Koalitionsvertrag gedeckt sind. „Das geht nicht“, sagte Kauder der „Bild“-Zeitung.

Hinter diesen Mahnungen steckt die üble Erfahrung der Union mit der vorigen, der schwarz-gelben Koalition – das vormalige Wunschbündnis brauchte seinerzeit kein halbes Jahr, bis es nachhaltig als Zankverein verrufen war. So weit ist es mit der großen Koalition nicht, zumal der Krawall diesmal nicht von den oberen Etagen ausgeht. Trotzdem scheint der CDU-Führung ein frühzeitiger Ordnungsruf angezeigt. Den Rest soll die erste Klausur des Kabinetts leisten. Auf die knapp zwei Tage im Schloss Meseberg in der nächsten Woche werden derzeit alle Kontroversen vertagt.

Das gilt für die Frage, wie weit die Finanzierung der vereinbarten Rentenbeschlüsse jetzt schon reichen soll – ob also die neue Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sich auf die finanziell unproblematischen Jahre bis zur nächsten Wahl 2017 beschränken soll oder ob ihr Blick darüber hinaus gehen soll, was bedeuten würde, sich zwischen zusätzlichen Steuermitteln oder steigenden Rentenbeiträgen zu entscheiden. Die CDU, sagt Tauber, würde diese Frage gerne der nächsten Regierung und dem nächsten Parlament überlassen.

Meseberg soll aber auch der Ort der Entkrampfung für den bislang härtesten Konflikt in der Koalition werden: Wie weiter mit der Vorratsdatenspeicherung? Die Speicherung von Verbindungsdaten ist ein mittlerweile klassisches Streitthema zwischen dem eher sicherheitsorientierten Innenministerium und dem bürgerrechtsbewegten Justizministerium. Das war unter Schwarz-Gelb so, unter Schwarz-Rot ging es gleich weiter, als Heiko Maas (SPD) als Justizminister ankündigte, dass er bei diesem Thema bis Ostern gar nichts tun werde, worauf ihn der Innenminister Thomas de Maizière (CDU) zur Einhaltung des Koalitionsvertrages mahnte.

Vorige Woche haben sich die beiden getroffen – zum „Kleeblatt-Gespräch“. Warum das so heißt, weiß niemand genau zu sagen. Am „Kleeblatt-Gespräch“ nehmen die Minister, ihre Parlamentarischen und die beamteten Staatssekretäre teil; aber wie immer man das aufteilt, es werden keine vier Blätter draus. So schief das blumige Bild, so wenig glückbringend der Vorgang selbst: Beide Seiten ließen offen, ob man sich inhaltlich nähergekommen ist. Maas’ Sprecher wollte nicht mal sagen, ob die Aussage seines Chefs noch gilt, dass er das Gesetzesvorhaben vor der im Frühjahr erwarteten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gar nicht erst angehen will. Lediglich über das weitere Verfahren habe man Einigkeit erzielt, nämlich: Wir reden weiter darüber, auch im Kleeblatt.

Die Union ist damit nicht richtig glücklich. „Die CDU erwartet, dass Herr Maas das umsetzt, was im Koalitionsvertrag steht“, sagt Tauber. Das wäre also: Umsetzung der Speicherung für eine Frist von sechs Monaten jetzt, anschließend Bemühen bei der EU um kürzere Speicherfristen. Kauder erinnerte den Nachwuchsminister aus dem Saarland an die koalitionäre Geschäftsordnung: Als Fraktionsvorsitzender erwarte er, dass ihm Minister geplante Abweichungen vom Koalitionsvertrag rechtzeitig mitteilten – und vor allem nicht über Zeitungsinterviews.

Wie man es im Sinne Merkels und Kauders richtig macht, können sich die SPD-Minister übrigens bei der CDU-Kollegin Ursula von der Leyen abgucken: Deren Pläne für eine familienfreundlichere Bundeswehr, versichert ihr Sprecher, würden selbstverständlich aus dem laufenden Etat finanziert. ce, bib, ctr

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