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Politik: Frühere NSDAP-Mitglieder werden weiter nicht geehrt

Berlin - Das Auswärtige Amt wird auch in Zukunft verstorbenen Diplomaten, die vor 1945 NSDAP-Mitglieder waren, ein „ehrendes Andenken“ verwehren. Eine Pressesprecherin bestätigte dem Tagesspiegel am Sonntag, dass die Nachruf-Praxis, die der frühere Außenminister Joschka Fischer (Grüne) eingeführt hat, weiter gelte, solange es noch keine Ergebnisse der unabhängigen Historikerkommission gebe, die derzeit die Geschichte des Außenamts aufarbeitet.

Berlin - Das Auswärtige Amt wird auch in Zukunft verstorbenen Diplomaten, die vor 1945 NSDAP-Mitglieder waren, ein „ehrendes Andenken“ verwehren. Eine Pressesprecherin bestätigte dem Tagesspiegel am Sonntag, dass die Nachruf-Praxis, die der frühere Außenminister Joschka Fischer (Grüne) eingeführt hat, weiter gelte, solange es noch keine Ergebnisse der unabhängigen Historikerkommission gebe, die derzeit die Geschichte des Außenamts aufarbeitet. Die Arbeit der Historiker sei aber „auf Jahre angelegt“. Fischer hatte im Herbst 2003 die Ehrung früherer NS-Mitglieder untersagt; im März 2005 wurde dann für alle verstorbenen Ex-Diplomaten eine neutrale Nennung im Hausblatt „intern AA“ eingeführt.

Dagegen hatte es im Außenamt einen Sturm der Entrüstung gegeben: 76 Diplomaten protestierten in einem Brief an das Blatt; den damaligen Botschafter in der Schweiz, Frank Elbe, versetzte Fischer in den einstweiligen Ruhestand, nachdem sein Protestbrief an den Minister in der „Bild“-Zeitung erschienen war. Auch die jetzige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Zweifel am pauschalen Verzicht auf ehrende Nachrufe geäußert. „Ich würde es mir im Einzelnen angucken“, sagte sie der „Zeit“. Inzwischen scheint die Sache aber im Sinne Fischers entschieden zu sein. In der Dezember-Ausgabe des AA- Hausblatts kritisierte Staatssekretär Georg Boomgaarden den Aufstand gegen die neue Nachrufe-Praxis als schädlich für das Auswärtige Amt: „Es entstand der Eindruck – und einige Kolleginnen und Kollegen haben leider diesen Eindruck noch verstärkt – dass dem AA das Bewusstsein für den Umgang mit der schwierigen deutschen Geschichte fehlt.“

Das Auswärtige Amt galt in der frühen Nachkriegszeit als das Ministerium mit der größten personellen Kontinuität zum NS-Regime. Konrad Adenauer selbst schätzte, dass etwa zwei Drittel der leitenden Posten mit alten Nazis besetzt seien. Nach neueren Schätzungen des Außenministeriums leben noch 200 bis 300 frühere Mitarbeiter, die vom Alter her NSDAP-Mitglieder gewesen sein könnten.

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