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Huber_Beckstein

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Führungskrise: CSU übt Sanftmut im Wildbad

Das neue CSU-Führungsduo hat nicht eben einen Traumstart hingelegt: Transrapid-Aus, Bankenkrise, schwache Kommunalwahl. Doch gibt es deshalb einen Putsch in der CSU? In Kreuth demonstrieren die vermeintlichen Aufrührer entschlossene Geschlossenheit.

Von Robert Birnbaum

Zu den Begabungen des Horst Seehofer gehört ganz besonders das Talent zur nahezu glaubhaften Unschuldsmiene. Kopfschüttelnd steht der CSU-Vize vor der Tür zum Tagungszentrum im Wildbad Kreuth. „Man denkt ja manchmal, man braucht jetzt auch ’ne Brille, bei dem, was man manchmal so liest“, sagt Seehofer. Sein demonstratives Unverständnis gilt dem Gerücht vom Putsch. Zu dritt hätten sie sich verschworen, ist da kolportiert worden, die drei S der CSU: Stoiber, Söder, Seehofer. Den Parteivorsitzenden Erwin Huber wollten sie stürzen, rumorte es im Blätterwald, Abteilung Boulevard-Unterholz, und das ganz schnell, gar noch vor der Landtagswahl im September.

„Völliger Blödsinn“, grummelt Seehofer. „Wir sind stark und sozial … und souverän“, steuert der Ex-Generalsekretär und Europaminister Markus Söder als politisch korrekte Interpretation der drei S bei. „Die Sonne kommt raus, die wird natürlich auch für die CSU sein“, sagt Edmund Stoiber, Ex- und Ehrenvorsitzender. „Sonne“ hat auch ein großes S.

Zum Auftakt der CSU-Vorstandsklausur ist also festzuhalten: Als Putschisten wollen die drei öffentlichsten Kritiker des neuen CSU-Führungstandems nicht dastehen. Vermutlich hat das Putschgerücht sogar das Seine dazu beigetragen, dass das Trio am Freitag plötzlich mit an der Spitze des jüngsten christsozialen Trends marschiert: entschlossene Geschlossenheit. Söder marschiert am flottesten voran: „Wir werden hier ein deutliches Signal der Geschlossenheit setzen“, prophezeit der Ex-General. „Wir sind im Tritt“, sagt Seehofer. Auch andere Vorstandsmitglieder, die nach und nach im frisch verschneiten Tegernseer Tal ankommen, äußern die Erwartung, dass es trotz – um nicht zu sagen: gerade wegen – der hitzigen Debatten der letzten Wochen über die Führungsqualitäten des Ministerpräsidenten Günther Beckstein und vor allem des Parteichefs Erwin Huber hier in Kreuth betont friedlich zugehen wird.

Nur Stoiber bleibt Stoiber. Ganz unten an der Auffahrt steigt er aus dem Auto, auf dass sich die Kameras lange an dem altgewohnten Bild ergötzen können, wie ein weißer Schopf dynamisch bergan stiefelt. Oben angekommen strahlt er in die Linsen. „Ich bin heute mal wieder da!“ Am Vormittag hat er in München vor Journalisten schon sinngemäß erläutert, was er den Nachfolgern nachher ins Stammbuch zu schreiben gedenkt: dass es genug Themen gebe, über die sich für die CSU zu diskutieren lohne, „aber das geht leider nicht“. Dass über das Rauchverbot viele Leute nur den Kopf schüttelten. Dass die CSU daran selbst schuld sei. Und dass die Debatten nach der Kommunalwahl von Nervosität geprägt gewesen seien. „Es braucht diese Nervosität nicht“, hat Stoiber missbilligend angemerkt.

Zu diesem Schluss ist CSU-Chef Erwin Huber offenbar jetzt auch gekommen. Zwar sprechen die fest in beide Hosentaschen gegrabenen Hände noch eine andere Sprache. Aber Huber weiß, dass er Führung zeigen muss. Zu dem Zweck hat er erst seine Generalsekretärin Christine Haderthauer draußen vor die Tür geschickt, ein Donnerwetter anzukündigen: Der Chef werde deutliche Worte an alle richten, die Sand ins Getriebe streuten. „Es muss sich etwas grundlegend ändern“, deklamierte Haderthauer.

Danach klang Huber selbst fast verbindlich. „Es ist völlig klar, dass die Zeit der Selbstbeschäftigung vorbei ist“, sagte er. „Wir sind kein Debattierklub!“ Er werde künftig Illoyalitäten nicht mehr hinnehmen und Störer der Geschlossenheit zur Ordnung rufen, „wenn es sein muss, auch öffentlich“. Was aber die Putschgerüchte angehe, habe er aufs Erscheinungsdatum geachtet: „Das werde ich als Aprilscherz ins Archiv der CSU übergeben.“

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