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Politik: Fünfeinhalb Jahre für Obrigheim

Der Betreiber will den ältesten Atomreaktor weiterlaufen lassen. Die Grünen wollen ihn stilllegen

Von Dagmar Dehmer

Vier Tage nach der Wahl hat der Chef der Energie Baden-Württemberg (EnBW) den Ärger angekündigt. Gerhard Goll rief den zuständigen Staatssekretär im Umweltministerium, Rainer Baake, an, um seinen Antrag auf eine Laufzeitverlängerung für das älteste deutsche Atomkraftwerk in Obrigheim anzukündigen. Tags darauf traf die Post in Berlin ein – ohne Begründung. Die EnBW will 15 Terawattstunden Strom vom jüngsten Akw Neckarwestheim II auf Obrigheim übertragen.

In einem zweiten Schreiben, in dem Goll den Wunsch begründete, schlug er „hilfsweise“ vor, dieselbe Strommenge vom Akw Phillipsburg I auf Obrigheim zu übertragen. In einer Pressemitteilung schrieb Goll, dass das Akw Obrigheim vor allem deshalb noch weitere 5,5 Jahre betrieben werden sollte, weil es bereits über ein funktionierendes Zwischenlager verfüge. Er bezweifle, dass bis 2005 alle anderen geplanten Zwischenlager tatsächlich in Betrieb genommen sind. Ein Ziel des Atomkonsenses sei es schließlich gewesen, Transporte von radioaktivem Müll zu vermeiden. Also Konvois mit abgebrannten Brennelementen zu den Wiederaufarbeitungsanlagen in Sellafield und La Hague zu vermeiden, wie derzeit wieder einer unterwegs ist. Außerdem trage der Weiterbetrieb zum Klimaschutz bei, schließlich könnte die Stromleistung des Akw Obrigheim nur durch ein Kohlekraftwerk ersetzt werden. Das schlagendste Argument erwähnte Goll zum Schluss: Der Bundeskanzler habe EnBW längst zugesagt, den Reaktor länger betreiben zu dürfen. „Deshalb bin ich davon überzeugt, dass der Bundeskanzler sein Wort hält und auch seinen Koalitionspartner von der Richtigkeit des Arguments überzeugen kann“, schreibt Goll.

Bisher sieht es allerdings nicht so aus. Die Grünen finden, dass mit der „Lex Obrigheim“ genug Entgegenkommen signalisiert worden ist. Die Kraftwerke in Obrigheim und Stade bekamen im Atomkonsens eine Gesamtlaufzeit von 34 statt 32 Jahren zugestanden. Das Argument hieß damals „Bestandsschutz“. Allerdings wird in Obrigheim schon seit 1968 Strom ohne ausreichende Betriebsgenehmigung erzeugt und Sicherheitsexperten halten den Reaktor für unsicher. Aus ihrer Sicht gibt es keinen Grund, das Akw noch länger am Netz zu halten.

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